Mittwoch, 5. September 2012

NOCH EINMAL ÜBER DEN POLITISCHEN KAMPF DER ARBEITERKLASSE IN RUSSLAND

Rafik Kulijew Übersetzung: Mandy Schwabe Bund der Arbeiter Moskaus am 31.08.2012 (auf Kommunisten-online am 4. August 2012) – Die Bourgeoisie herrscht entweder durch Betrug oder mit Gewalt. Jetzt herrscht sie durch Schmeichelei und Betrug. (W.I. Lenin) Es ist eine unumstößliche Tatsache, daß das Privateigentum die moderne russische Gesellschaft in zwei einander entgegengesetzte Klassen gespalten hat: die Kapitalisten, die die Welt mit dem Privateigentum an Produktionsmittels monopolisiert haben, und die Werktätigen, die Arbeiter, denen jegliches Eigentum an Produktionsmitteln entzogen wurde, die über nichts verfügen als über ihre eigene Arbeitskraft. Ebenso offensichtlich ist, daß sich die Arbeiter, denen die Produktionsmitteln entzogen sind, in wirtschaftlicher Abhängigkeit von den Kapitalisten befinden, was die Ausbeutung der Arbeiter durch die Kapitalisten ermöglicht. Selbstverständlich ist auch klar, daß die Arbeiter mit dieser wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht einverstanden sein können, und daß sie deshalb einen Kampf gegen die Kapitalisten führen. Über die gegensätzlichen Klasseninteressen Was beweist denn dieser Kampf anderes, als daß es sich hier um den Zusammenstoß einander entgegengesetzter Interessen dieser zwei Klassen handelt? Und worin besteht nun das Klasseninteresse? Es ist Ausdruck der Grundbedürfnisse der Klasse, die von ihren materiellen Lebensumständen bestimmt werden. Und obwohl diese Bedürfnisse subjektiver Natur sind (und als solche wahrgenommen werden), seinem Inhalt nach ist das Klasseninteresse ein objektives: es wird hervorgebracht von den ökonomischen, vom Willen und vom Bewußtsein der Menschen unabhängigen Existenzbedingungen der Klasse, es wird erzeugt von den tatsächlichen Beziehungen der Menschen im Produktionsprozeß. Das Interesse der Kapitalisten besteht in der Erhaltung des Privateigentums an Produktionsmitteln und an Grund und Boden, weil sie deren Existenzgrundlage darstellen. Die Arbeitsklasse ist hingegen an der Aufhebung das Privateigentums an Produktionsmitteln, Grund und Boden interessiert, da es ihrer rücksichtslosen Ausbeutung zugrunde liegt. Hier sind folglich die Interessen der Kapitalisten und der Arbeiter absolut entgegengesetzt, und können deshalb nicht ausgeglichen werden. Der Klassenkampf ist unvermeidlich und gesetzmäßig Die Unversöhnlichkeit der Klassenbeziehungen ist daher unlösbar mit dem Privateigentum verbunden, und bei Erhalt des Privateigentums ist eine Versöhnung der Klasseninteressen unmöglich. Aber falls doch jemand pharisäerhaft beweisen wollte, daß in der modernen kapitalistischen Gesellschaft der Gegensatz der Klasseninteressen von Kapitalisten und Arbeitern verschwunden ist, und daß die feindliche Opposition zwischen ihnen einer sozialen Partnerschaft gewichen ist, so braucht man hier nur auf das drakonische Streikgesetz hinzuweisen. Wenn die Interessen der Kapitalisten und der Arbeiter nicht entgegengesetzt wären und ausgeglichen werden könnten, wozu ist dieses Gesetz dann nötig? In der Gesellschaft, wo privatkapitalistische Beziehungen herrschen, ist eine Zusammenstoß der Klasseninteressen nicht zu vermeiden. Es kommt also, wie man sagt, zum Klassenkampf. Und dieser Klassenkampf ist unter privatkapitalistischen Verhältnissen nicht etwa eine Folge der böswilligen Hetze eines Haufens von Agitatoren, wie die Apologeten der privatkapitalistischer Beziehungen behaupten, sondern er entsteht allein aufgrund der antagonistischen Natur dieser Beziehungen. Deshalb ist der Klassenkampf zwischen den Arbeitern und den Kapitalisten in der modernen russischen Gesellschaft keine die zufällige Erscheinung, sondern ein objektives Entwicklungsgesetz dieser Gesellschaft. Entscheidend ist die Frage der Macht Aber in einem Punkt unterscheidet sich der Klassenkampf doch ganz wesentlich von einem „gewöhnlichen“ Kampf, mittels dessen ansonsten „gewöhnliche“ Streitfragen des öffentlichen Lebens entschieden werden. Was ist damit gemeint? Es bedeutet, daß die Kapitalisten, in deren Händen sich die politische Macht befindet, diese Macht zum Schutz und für die Verewigung ihrer Wirtschaftsinteressen benutzen, und sie dafür einsetzen, die Arbeiterklasse für immer in ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit zu halten. Und das bedeutet tatsächlich, daß die Befreiung die Arbeiterklasse aus ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit nur dann erreicht werden kann, wenn sie den Kapitalisten ihre politische Macht entzieht. Überhaupt ist jeder Klassenkampf ein politischer Kampf, der ungeachtet der politischen Form der Regierung, schließlich immer um der ökonomischen Befreiung willen geführt wird. Wie die Kapitalisten die Arbeiter im Schach halten Indessen behindert den politischen Kampf der Arbeiterklasse eine riesige Schwierigkeit. Nicht nur, daß die Kapitalisten (zur Erhaltung ihrer politischen Macht und die Unterordnung der Arbeiterklasse unter ihre politischen Herrschaft) die Arbeiterklasse mittels des Staates (durch die Armee, die Polizei, den Beamtenapparat usw.) unterdrücken, sie führen auch noch mit Hilfe der Massenmedien eine propagandistische Rund-um-die-Uhr-Volksverdummung der Arbeiterklasse durch, sie entmutigen sie und flößen ihr eine tierische Ergebenheit ein, das Einverständnis mit der existierenden öffentlichen Ordnung. Natürlich verwirrt, erschwert und verhindert letztlich diese Mischung aus Unterrückung und propagandistischer Verdummung den politischen Kampf der Arbeiterklasse gegen die Kapitalisten. Im übrigen, wäre der politische Kampf der Kapitalisten immer gleichartig oder einförmig, dann hätte die Arbeiterklasse sehr schnell gelernt, darauf mit einem ebensolchen politischen Kampf zu antworten. Zwei Methoden zur Sicherung der Macht Tatsächlich haben die Kapitalisten haben in allen Ländern unvermeidlich zwei Systeme zur Steuerung, zwei Methoden zur Durchsetzung ihrer Interessen und zur Sicherung ihrer politischen Herrschaft: die Methode der Unterdrückung und die Methode der Verdummung. Wobei diese beiden Methoden einander ablösen und auf verschiedene Weise miteinander verbunden sind. Je organisierter, je bewußter, je gebildeter, je mehr sagenhaft reich und bis an die Zähne bewaffnet die Kapitalisten sind, je geschickter sie die Veränderungen im öffentlichen Leben erfassen, diese zwei Methoden verwenden, von einer Methode zur anderen übergehen, nicht nach einem vorgezeichneten Plan und nicht nach der reinen Zufälligkeit, desto sicherer ist ihre politische Macht. Wenn es den Kapitalisten so erscheint, daß ihre politische Macht ins Wanken gerät, gehen sie zur Methode der Unterdrückung über. Wenn ihre politische Macht stabil genug ist, greifen sie zur Methode der Verdummung. Die heutige Volksverdummung Derzeit ist die politische Macht der Kapitalisten stark genug, und deshalb realisieren sie ihre Herrschaft in der Gesellschaft vorzugsweise mit der Methode der Verdummung, dessen Inhalt sich in solchen abstrakten Begriffen zum Ausdruck kommt wie „Menschenrechte“, „Meinungsfreiheit“, „unternehmerische Freiheit“, „soziale Partnerschaft“, „Verantwortung des Business“ usw. Daraus folgt, daß der politische Kampf der Arbeiter gegen die Kapitalisten um so erfolgreicher ist, je besser ihnen der tatsächliche Inhalt solcherlei abstrakter Begriffe bekannt ist. Um nun den Arbeitern das Verständnis für diese abstrakten Begriffe zu erleichtern, also um sie zu befähigen, selbständig den politischen Kampf gegen die Kapitalisten zu entwickeln, ist es an dieser Stelle erforderlich, einmal die wesentlichen Charakterzüge der kapitalistischen Verdummung darzulegen. Worin besteht die kapitalistische Verdummung? Die wesentlichen Charakterzüge der kapitalistischen Verdummung sind folgende: ihre Unbestimmtheit, ihre Verschwommenheit, ihre Unaufgreifbarkeit. Die Verdummung besteht im Wesentlichen darin, - die Hintergründe einer öffentlichen Erscheinung zu maskieren, indem man lediglich ihre äußere Erscheinung beschreibt; - bestimmte Begriffe durch andere zu ersetzen, indem man sich bestimmten und eindeutigen Fragestellungen entzieht, indem man die Lösung eines bestimmten Problems von zwei gegensätzlichen Gesichtspunkten aus betrachtet, die man miteinander gleichsetzt, wobei man „bemüht“, sowohl mit dem einen, als auch mit anderem Standpunkt einverstanden zu sein, um die Differenzen in Zweifel, in Korrekturen, in fromme Wünsche und in Versöhnung umzuwandeln; - offensichtlichen Tatsachen frech zu verneinen, zu entstellen, indem man den Gegner in sinnlose Diskussionen verwickelt, seinen Ansichten Widersinnigkeit unterstellt, um sie dann „erfolgreich“ zu widerlegen; - mit lautstarkem demagogischen Geschrei über die allgemeine Korruption, über den Kampf um ehrliche Wahlen, über die sagenhaften Reichtümer der Beamten usw. herzuziehen, indem man den Hauptfakt maskiert, daß die wirklichen Gründe für die Notlage der Werktätigen nicht auf moralischem, sondern auf wirtschaftlichem Gebiet zu suchen sind; - auf die persönlichen Interessen, auf die Sympathien der Menschen zur Nation, zur Religion zu spekulieren, indem man danach strebt, die Aufmerksamkeit der Werktätigen vom Kampf gegen die Kapitalisten abzulenken und auf zwischenmenschliche, internationale, interreligiöse oder Gruppenkämpfe umzuleiten; - die Werktätigen mit der Polizei in Übereinstimmung zu bringen, um die Wahlen, die Protestaktionen in eine Showveranstaltung, in ein Theater des Unsinns umzuwandeln; - den Spießbürger mit einer weltweiten Freimaurerverschwörung, mit einem baldigen Weltuntergang und anderen schrecklichen Geschichten zu mystifizieren und ihn in einen Zustand der Psychose zu versetzen, bis er sich in den Massenmedien vom Genuß der grausamen Lebensverbrechen der terroristischen Akte, Suizide, Pädophilie usw. satt gesehen hat, ohne sich selbst in ein ungesteuertes Tieres zu verwandeln, das bereit ist, die wildesten Taten zu begehen. Unter solchen Umständen, bei dieser totalen Verdummung, der Demoralisierung der arbeitenden Massen entsteht die Frage: Wie kann man dieser Verdummung noch entgegenwirken, wie kann man diese Verdummung zum Nutzen des politischen Kampfes der Arbeiterklasse umkehren? Was muß man der Arbeiterklasse erklären? Vor allem muß man erklären, daß die heutige Russische Föderation und die ehemalige UdSSR zwei grundlegend verschiedene Gesellschaftsformationen sind, und daß ein Verweis auf das Leben in der UdSSR entweder aus Unüberlegtheit erfolgt, oder aber auf die nostalgischen Gefühle der heutigen Russen nach dem gesellschaftlichen Leben in der UdSSR spekuliert. Und hier seien einige wesentliche Unterschiede zwischen der UdSSR und der Russischen Föderation genannt: - erstens war die Lage der Dinge nicht so, daß zehntausende Wohnungen leerstehen, während zugleich zehntausende Menschen keinen eigenen Wohnraum haben, oder in Katen von beklagenswertem Zustand dahinvegetieren; - zweitens gab es keine Arbeitslosigkeit, und die Arbeit war zur Ehrenpflicht eines jeden arbeitsfähigen Menschen erklärt worden; - drittens wäre es niemandem in den Kopf gekommen, daß Millionen Menschen monatelang kein Gehalt bekommen, während sich gleichzeitig ein ganzer Haufen von Parasiten in Milliardäre verwandelt; - viertens gab es keine solche Lage, daß ein Haufen von nicht arbeitenden Privatbesitzern im Luxus und im Reichtum badeten, während die riesige Mehrheit der Werktätigen von der Hand in den Mund leben und ein elendes Dasein fristetet; - fünftens gab es keine Obdachlosen, die Eltern warfen ihre Kinder nicht auf die Straße, und die Kinder erschlugen nicht ihre Eltern wegen des Wohnraums; - und schließlich war religiöse Propaganda verboten, nichtsdestoweniger war der sittliche und moralische Zustand der Gesellschaft um ein Vielfaches sauberer, als bei der heutigen totalen Propaganda der Religion. Was muß man außerdem noch klarstellen? Des weiteren muß man erklären, daß jetzigen sozialen Nöte, die nach der Zerstörung der UdSSR über die russischen Werktätigen hereinbrachen, nicht irgendwelche vorübergehenden Störungen der zu Zeiten der UdSSR vollkommen gesicherten Existenz sind, wie die Ideologen der Kapitalisten heuchlerisch behaupten, sondern eine notwendige Existenzbedingung einer jeden Gesellschaft sind, in der das Privateigentum an Produktionsmitteln, Banken und an Grund und Boden herrscht. Die für alle Bürger der UdSSR vollkommen ausreichenden materiellen und geistigen Lebensumstände waren gerade dadurch bedingt, daß das Privateigentums beseitigt und das gesellschaftliche Eigentums an Produktionsmitteln, Banken und Grund und Boden geschaffen worden war. Nur keine falsche Hoffnungen! Heute darauf zu hoffen, daß den Werktätigen in der gegenwärtigen russischen Gesellschaft, wo privatkapitalistische Verhältnisse herrschen, ebensolche vollkommen ausreichenden materiellen, wie geistigen Lebensumstände und eine solche soziale Sicherheit geboten werden können wie in der UdSSR, das ist genauso dumm, wie von einem Eisklumpen, das man ins Feuer wirft, zu verlangen, daß er nicht schmilzt. Deshalb ist die Erklärung einiger russischer Politiker, bei der Lösung der Renten- und Beschäftigungsprobleme, und anderer sozialer Fragen nutze man die Erfahrungen bei der Lösung dieser Fragen in der UdSSR, einfach untauglich. Um überhaupt die Erfahrung des gesellschaftlichen Lebens der UdSSR ausnutzen zu können, ist es notwendig, zur früheren Wirtschaftsgrundlage der UdSSR zurückzukehren, d.h. die ungeteilte Herrschaft des Privateigentums zu zerstören und dafür die ungeteilte Herrschaft des gesellschaftlichen Eigentums zu errichten. Die Fragen der Arbeiterklasse Und damit die Arbeiterklasse so bald wie möglich auf den Weg des selbständigen politischen Kampfes gegen die Kapitalisten kommt, und zwar auf den Weg zur Vernichtung des Privateigentums und der Errichtung des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln, Banken, Grund und Boden, muß man die Frage stellen: Mit welchem Recht, und auf welcher Grundlage befinden sich die Betriebe und die Fabriken, die Energieerzeuger und die Agrarkomplexe, alle Transportbetriebe und Verkehrswege, die Banken und Kreditinstitute – mit einem Wort: alles, was ausschließlich durch die Arbeit der Arbeiterklasse entsteht – im Privatbesitz einzelner Menschen, die überhaupt nicht arbeiten, die man manchmal nicht einmal finden kann? Wozu ist ein privater Besitzer überhaupt nötig, der der Gesellschaft keinerlei Nutzen bringt? Was für eine Funktion hat überhaupt der private Besitzer? Mit welchem Recht, und auf welcher Grundlage befinden sich Grund und Boden und ihre Erträge, die Wälder und Gewässer – mit einem Wort, die objektiv notwendigen Bedingungen für die Lebenstätigkeit der Menschen – im Privateigentum? Oder stellt denn der Verbleib dieser primären objektiven Voraussetzungen für die Lebenstätigkeit der Menschen im Privateigentum einzelner Personen etwa kein Abhängigkeitsverhältnis der ganzen Gesellschaft von diesem privaten Besitzer dar? Wozu braucht eine einzelne Privatperson diese riesigen Produktionskapazitäten, diesen gewaltige Grundbesitz, diese großen Wälder, diese Wasservorräte überhaupt? Was soll er mit dem alles anstellen? Welchen Nutzen zieht er für sich aus diesem „seinen“ Privateigentum, wenn die Arbeiterklasse aufhört zu arbeiten? Wie kann es sein, daß die Arbeiter, wenn sie für den Kapitalisten arbeiten, genau das verlieren, was der Kapitalist gewinnt, obwohl er nicht arbeitet? Ist es denn gerecht, ist es ehrlich, wenn sich umfangreiche Produktionskapazitäten, d.h. solche Produktionsmitteln, die von den Bemühungen ausschließlich der ganzen Gesellschaft geschaffen werden, nicht im gesellschaftlichen Eigentum, sondern im Privateigentum einzelner Personen befinden? Für die Arbeiterklasse! Rafik Kulijew Am 28. August 2012

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