Freitag, 14. September 2012

Selbständige Bergarbeiterstreiks in Südafrika entwickeln sich zu politischem Massenkampf

13.09.12 - Die selbständigen Streiks der südafrikanischen Bergleute weiten sich zunehmend aus und entwickeln sich mehr und mehr zu einem politischen Massenkampf. Rund um den "Platingürtel" bei Rustenberg sind alle Minen dicht. Die Streiks der Platin-Bergarbeiter haben jetzt auch auf die Goldminen übergegriffen. Am Mittwoch befanden sich in verschiedenen Platin- bzw. Goldminen Südafrikas insgesamt 60.000 Arbeiter im Streik. Ein Polizeisprecher klagt: "Die Bergleute versammeln sich alle. Sie versperren die Straßen mit Reifen, Baumstämmen und Steinen. ... Es handelt sich um einen Massenaufruhr." Ausgangspunkt dieser Entwicklung war das Massaker an 34 streikenden Arbeitern der Marikana-Mine des britischen Bergbaukonzerns Lonmin Plc. durch Aufstandsbekämpfungseinheiten der Polizei am 16. August (siehe "rf-news" vom 17.8.12). Darüber und über die Vertuschungsversuche der Regierung entwickelte sich eine große Empörung im ganzen Land. Statt die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sollten die Bergarbeiter vor Gericht gezerrt werden (siehe "rf-news" vom 31.8.12). Aufgrund der Massenproteste musste die Staatsanwaltschaft die Anklagen wegen Mordes aussetzen und die meisten Verhafteten wieder frei lassen. Die Forderung der Minenarbeiter nach 12.500 Rand (1.200 Euro) Monatslohn (die Platin-Bergleute verdienen bisher etwa 4.000 Rand) verbindet sich seither mehr und mehr mit politischen Forderungen wie nach der Aufklärung der Hintergründe des Massakers, der Bestrafung der Verantwortlichen und der Freilassung der verhafteten Kumpel. Die selbständigen Streiks sind aber auch Ausdruck der Massenkritik an der Klassenzusammenarbeitspolitik der eng mit der ANC-Regierung verbundenen Gewerkschaftsführungen der Bergarbeiter-Gewerkschaft NUM ("National Union of Mineworkers") sowie des Gewerkschaftsdachverbands COSATU. Gegen die Kumpanei der NUM mit den Bergbaukonzernen hatte sich die kämpferische Gewerkschaft AMCU ("Association of Mineworkers and Construction Union") gebildet, die bei der Organisierung der jetzigen Streiks unter der Losung "Der Kampf von Marikana muss sich auf alle Minen ausweiten" eine wichtige Rolle spielt. Sämtlich Zugänge zur Marikana-Mine sind unterdessen blockiert. Das Lonmin-Management wollte den Streik mit Hilfe der NUM-Führung nach dem Massaker möglichst schnell abwürgen. Sie vereinbarten am vergangenen Donnerstag, dass vor weiteren Lohnverhandlungen die Arbeit am Montag wieder aufgenommen werden soll und dass die Arbeiter zukünftig auf "wilde Streiks" und jede Art von Gewalt verzichten. Nur 6 Prozent der 28.000 Marikana-Kumpel erschienen daraufhin am Montag wieder zur Arbeit. Stattdessen marschierten 10.000 mit Macheten, Knüppeln und Speeren bewaffnete Bergleute von einem Schacht zum nächsten, bezogen die Kumpel dort in den Kampf mit ein und organisierten die Blockaden. Auch die Siphumelele-Mine des weltweit größten Platinproduzenten Anglo American Platinum (Amplats) wird jetzt bestreikt. Rund 1.000 Arbeiter blockierten in der Nacht zum Donnerstag den Schachteingang und errichteten Barrikaden auf den Zugängen. In einer Mine des zweitgrößten Platinproduzenten der Welt, Impala Platinum (Implats), fordern mehr als 15.000 Arbeiter eine zehnprozentige Lohnerhöhung und stehen kurz davor, erneut die Arbeit niederzulegen. Sie hatten erst im März/April mit einem sechswöchigen selbständigen Streik 2.000 Rand Lohnerhöhung durchgesetzt. An einem weiteren Implats-Standort demonstrierten ebenfalls mehrere tausend Bergarbeiter. Rund 15.000 Kumpel der KDC-Goldmine von "Gold Fields International" in Carletonville, ein Drittel der Gesamtbelegschaft, reihten sich ebenfalls ein in die selbständige Streikbewegung. Gold Fields ist der viertgrößte Goldproduzent der Welt und der zweitgrößte in Südafrika. Die Kumpel fordern neben dem monatlichen Mindestlohn auch die Absetzung der Betriebsräte der NUM, die zum Teil mit in den Unternehmensführungen sitzen. Wachleute setzten Tränengas ein gegen hunderte streikende Arbeiter, die einen Güterzug blockierten ins Werk wollten. Erst vor wenigen Tagen wurde ein Streik von 12.000 Kumpels im Ost-Teil der Mine ausgesetzt, die die gleichen Forderungen erhoben. Soziale Bewegungen im ganzen Land unterstützen die Forderungen der Minenarbeiter. Am Mittwoch Nachmittag beteiligten sich dort etwa 5000 Arbeiter und Anwohner an einer Protest- und Solidaritäts-Demonstration. Ein wichtiger Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklung in Südafrika ist auch die massenhafte Verarbeitung der Erfahrungen mit der völligen Unterordnung der ANC-Regierung unter die Interessen des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals. Diese Entwicklung wird unterstützt von der ICOR-Partei CPSA (ML), die nach dem Massaker vom 16. August dazu aufgerufen hat, Aktionskomitees aufzubauen und den Kampf zur Befreiung von der neokolonialen Ausbeutung und Unterdrückung in Südafrika mit der Stärkung des marxistisch-leninistischen Parteiaufbaus zu verbinden.

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