Sonntag, 2. März 2014

Bombenleger-Prozeß von Luxemburg: Expremier als Zeuge vernommen

Von Peter Wolter jungeWelt vom 26.02.2014 Der Bombenleger-Prozeß von Luxemburg hat am Dienstag mit der Vernehmung des bisherigen Premierministers Jean-Claude Juncker einen Höhepunkt erreicht. Unter Eid sagte der Politiker am 137. Verhandlungstag aus, er sei Ende 2005 von einem mittlerweile verstorbenen Zeugen davon unterrichtet worden, daß der Prinz Jean, den Bruder des Großherzogs, bei dem Bombenattentat gesehen habe, das im November 1985 auf den Luxemburger Flughafen Findel verübt worden war. Besagter Anschlag war einer in der Reihe von 20 Sprengstoffanschlägen, die zwischen 1984 und 1986 das Großherzogtum erschütterten. Nach jahrelangen Ermittlungen stehen seit Februar 2013 zwei ehemalige Elitepolizisten vor Gericht. Ihnen wirft die Anklage vor, sie hätten mit den Attentaten eine bessere Ausstattung der Sicherheitskräfte durchsetzen wollen. An den bisherigen Verhandlungstagen hatte sich herauskristallisiert, daß die Attentate »Insiderjobs« waren: Die Täter waren militärisch exakt vorgegangen und hatten über alle Fahndungen Bescheid gewußt. Indizien sprechen dafür, daß die geheimen Stay-behind-Armeen der NATO ihre Hände im Spiel hatten. Der Verteidiger der Angeklagten, Gaston Vogel, hatte mehrfach angedeutet, daß der deutsche Bundesnachrichtendienst beteiligt gewesen sein könne. Entsprechend der damaligen NATO-Strategie sei es möglicherweise das Ziel gewesen, einen Rechtsruck zu provozieren. Anschläge dieser Art habe es nachgewiesenermaßen auch in anderen Ländern gegeben. Der Bombenleger-Skandal hatte sich schon seit längerem zur Staatsaffäre ausgeweitet. Im Laufe des Prozesses kam eine unübersehbare Reihe von Ungereimtheiten zur Sprache: Beweismittel waren verschwunden, Geheimdienstler hatten sich gegenseitig observiert, Recherchen im Sicherheitsapparat wurden unterbunden. Ein Oberstaatsanwalt und diverse Ermittler berichteten dem Gericht, sie seien unter Druck gesetzt worden. Junckers Regierung war schließlich gescheitert. Auf die Frage der Richterin schilderte Juncker, daß er anläßlich einer Audienz das Staatsoberhaupt auf die Vorwürfe gegen seinen Bruder angesprochen habe. Großherzog Henri habe lediglich gesagt, er glaube das nicht. Kurz nach dem Bombenanschlag von Findel hatte Prinz Jean auf die Thronfolge verzichtet und den bürgerlichen Namen Jean Nassau angenommen.

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