Sonntag, 2. März 2014

Die Multipolarisierung und der falsche Weltordnungsantagonismus

IMI-Analyse 2013/025 (Update 6.10.2013) - in: AUSDRUCK (Oktober 2013) von: Mirko Petersen | Veröffentlicht am: 16. August 2013 Nach dem Ende des Kalten Krieges schien die Macht der USA absolut zu sein. Die Vorstellung, dass am Ende der Blockkonfrontation zwei Großmächte auf Augenhöhe Frieden schließen, musste schnell begraben werden. Der offizielle Ausruf „No Winners, no losers“ war reine Kosmetik und die neuen Machtverhältnisse nach der Auflösung des Warschauer Pakts und der Implosion der Sowjetunion wurden schnell deutlich. Am 28. Januar 1992 nahm der damalige US-Präsident George H.W. Bush keine Rücksicht mehr und verkündete: „Mit Gottes Gnaden, Amerika hat den Kalten Krieg gewonnen.“[1] Der Hauptnachfolgestaat der Sowjetunion, Russland, versank im Chaos und war vorübergehend kein bestimmender Akteur auf der internationalen Ebene mehr. Der Politologe Janusz Bugajski meint sogar: „Russland erlebte den tiefgehendsten ökonomischen, politischen und militärischen Kollaps eines Imperiums, das nicht im Krieg besiegt wurde.”[2] In Osteuropa eröffneten sich dadurch für die einzig verbliebene Weltmacht vollkommen neue Möglichkeiten. Der Geostratege Zbigniew Brzezinski war einer der Vordenker des westlichen Vormarsches in den ehemaligen Ostblock. Sein strategischer Plan, den er 1997 formulierte, sah das Vordringen der Vereinigten Staaten und seiner Verbündeten bis nach Zentralasien vor. Durch die Erweiterung der NATO und der EU sowie die Schaffung neuer Pipeline- und Handelsrouten sollte Russland komplett umgangen und marginalisiert werden. Der Geostratege sprach sich gar für eine Dreiteilung des größten Landes der Erde aus.[3] Mit der Osterweiterung von NATO und EU, der Unterstützung der pro-westlichen „bunten Revolutionen“ in Georgien (2003), der Ukraine (2004) und in Kirgisien (2005) sowie diversen Pipelineprojekten wurden bedeutsame Schritte in diese Richtung unternommen und hätte Russland, besonders seit der ersten Präsidentschaft Wladimir Putins im Jahre 2000, nicht auf internationaler Ebene wieder an Macht zugelegt, wäre eine Umsetzung der ambitionierten Pläne Brzezinskis durchaus möglich gewesen. Doch die Verhältnisse haben sich verschoben und Russland hat zumindest Teile seiner früheren Einflusssphäre wieder an sich binden können. Wenn nun im vergangenen Jahr von ebendiesem Brzezinski zu hören ist, dass die Rolle der Vereinigten Staaten „in Zukunft angesichts der neuen Realitäten in Eurasien subtiler und verantwortungsbewusster ausgeübt werden“ muss und dass „Dominanz durch einen einzigen Staat, egal wie mächtig er ist, […] nicht länger möglich“ ist, so ist dies ein deutliches Indiz für globale Kräfteverschiebungen in den vergangenen Jahren. Dies lässt sich nicht nur auf Russland, sondern auch auf China und andere aufstrebende Mächte beziehen. Brzezinskis Auffassung nach bedeutet diese neue Epoche in erster Linie, dass die USA „nicht mehr diktieren können. Wir können nicht mehr der abschreckende und für alle internationalen Belange zuständige Akteur auf der globalen Szene sein.“[4] Auch der National Intelligence Council der Vereinigten Staaten sagt ökonomische und politische Verschiebungen sowie die Entstehung einer zunehmend multipolaren Welt voraus.[5] In diesem Artikel sollen wichtige Charakteristika dieser aufkommenden multipolaren Welt aufgezeigt werden, vor allem aus wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Perspektive heraus. Im Anschluss erfolgt ein Vorschlag, wie eine Positionierung zu diesen Entwicklungen aussehen könnte. Weltwirtschaftliche Verschiebungen Trotz der Vormachtstellung der Vereinigten Staaten nach dem Ende des Kalten Krieges betont der US-amerikanische Intellektuelle Noam Chomsky, dass die USA bereits seit den 1970er Jahren im wirtschaftlichen Abstieg begriffen sind „und dass der wunderliche Triumphalismus der 1990er Jahre […] größtenteils auf Selbsttäuschung beruhte.“[6] Denn auch wenn die Vereinigten Staaten eine Phase von Prosperität und nahezu uneingeschränkter Macht auf der Weltbühne erlebten, so stützte sich ihr Wirtschaftsmodell, vor allem ab den 1970er Jahren, jedoch hauptsächlich auf die Expansion des Finanzmarkts. Die Instabilität dieses Wirtschaftsmodell lässt sich besonders seit dem Platzen mehrerer Spekulationsblasen in den Jahren 2001 und 2002 immer deutlicher beobachten. Trotzdem weiß sich das Finanzkapital, auch in der verschärften Krise ab 2007/2008, an vielen Stellen weiterhin zu behaupten, da es seine Machtressourcen keineswegs eingebüßt hat.[7] Nach dem Zweiten Weltkrieg – von 1945 bis ca. 1965 – erlebten die USA ihre größte wirtschaftliche Blüte. Als sie ihre Führungsrolle im Produktionsbereich an Westdeutschland und Japan zu verlieren drohten, konterten sie dies mit der Expansion des Finanzsektors.[8] Um den Raum für diese Expansion zu sichern, musste – mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) – die bedingungslose Öffnung ausländischer Märkte erzwungen werden. Dies geschah besonders seit den 1980er Jahren, als Lateinamerika eine ganze Reihe von Schuldenkrisen erlebte. „Von verschuldeten Ländern forderte man als Gegenleistung für ein Umschuldungsprogramm die Umsetzung institutioneller Reformen, also etwa die Kürzung der Sozialausgaben, die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und natürlich Privatisierungen. Das Ganze lief unter dem Begriff ‚strukturelle Anpassung‘.“[9] Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der blitzschnellen Transformation von real existierendem Sozialismus zu Kapitalismus eröffneten sich noch größere Möglichkeiten für das Finanzkapital. In den betroffenen Regionen konnten lokale Eliten von dem neoliberalen Modell profitieren – der Großteil der Bevölkerung hatte hingegen zeitgleich mit gravierenden sozialen Folgen zu kämpfen. Während das Wachstum der Weltwirtschaft seit der Umsetzung des Neoliberalismus insgesamt nachließ[10], bescherte dieses Wirtschaftsmodell den Vereinigten Staaten – besonders in den 1990er Jahren – eine ökonomische Vormachtstellung. Parallel zum finanzwirtschaftlichen Boom fand in den USA selbst eine enorme Deindustrialisierung statt und insbesondere mit China ist ein neues Produktionszentrum des Industriekapitalismus entstanden (ehemalige US-amerikanische Industriestädte wie die „Motor City“ Detroit bieten heutzutage einen gespenstischen Anblick). Durch den Absturz der US-Finanzwirtschaft seit dem Platzen der Internet-Spekulationsblase 2001 und verstärkt seit der Wirtschaftskrise ab 2007/08, durch die Loslösung Russlands und Lateinamerikas vom Einfluss des IWF und durch das anhaltende Wachstum Chinas sowie die Ausweitung seines globalen Einflusses scheint die alleinige US-amerikanische Führung in der Weltwirtschaft inzwischen nicht mehr haltbar zu sein. Dies bedeutet, dass wir uns von einer unipolaren hin zu einer multipolaren Weltordnung bewegen. Laut dem Wirtschaftswissenschaftler Robert Kappel „bricht sich eine überwältigende und unaufhaltsame Dynamik Bahn, die vornehmlich in Richtung Asien und Süd-Süd-Kooperationen führt. Viele Regierungen wenden sich von den USA und der EU ab und den regionalen Führungsmächten zu, die zu den neuen Zentren mit Welteinfluss geworden sind.“[11] Trotz der Betonung der besonderen neuen Dynamik handelt es sich hier jedoch um einen langsamen, allmählichen Vorgang, weshalb der Begriff „Multipolarisierung“ passend erscheint, um den prozesshaften Charakter hervorzuheben. Im Zuge der Multipolarisierung steht besonders die globale Anordnung des Kapitalismus zur Disposition. Die Konflikte um „die Neuorganisation des Kapitalismus“ werden zukünftig „nicht mehr ausschließlich – vielleicht sogar nicht mehr hauptsächlich – in den Ländern der nördlichen Zentren ausgefochten“.[12] Wir sehen uns einer Verschiebung der wirtschaftlichen und politischen Kräfte Richtung Osten und Süden gegenüber. Bereits zwischen 1980 und 2007 sank der Anteil der G7-Länder[13] an der Weltproduktion von 55,1 auf 39,5 Prozent.[14] Zudem sind die USA im Jahr 2005 zum größten Schuldenstaat weltweit geworden, während sie in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg noch der größte Kreditgeber waren.[15] Die BRICS-Länder – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – hingegen haben ihre Produktion seit 1990 verdoppelt. Dem „Brics Trade and Economic Research Network“ zufolge repräsentieren die BRICS-Staaten schon heute 43 Prozent der Weltbevölkerung, zeigen sich für 18 Prozent des globalen Handels zuständig und ziehen 53 Prozent des globalen Finanzkapitals an.[16] Auch wenn sich das Wachstum dieser Staaten nicht im gleichen Maße wie in den letzten Jahren fortsetzen kann, wird der Trend der Machtverschiebung voraussichtlich anhalten.[17] Vor allem da das nachlassende Wachstum der aufstrebenden Ökonomien nicht durch eine wirtschaftliche Erholung der USA und Europas begleitet wird, scheint das Ende der weltwirtschaftlichen Verschiebungen, wie es u.a. durch den Ökonomen Ruchir Sharma prophezeit wird[18], unwahrscheinlich zu sein. Besser abgewogen wirkt die Aussage des Ökonomen Antoine van Agtmael in Bezug auf die BRICS-Staaten: „Sicherlich, sie sehen sich vielleicht harten Anpassungen bei der Gewöhnung an weniger herausragende Wachstumserwartungen gegenüber, während sie anspruchsvollere Bevölkerungen zufriedenstellen müssen. Aber so oder so kann man mit Sicherheit sagen, dass diese großen aufsteigenden Ökonomien dem 21. Jahrhundert ihren Stempel aufdrücken werden.”[19] Zunächst wurde das BRIC-Kürzel (damals noch ohne das S für Südafrika) vom Goldman- Sachs-Ökonomen Jim O’Neill zur Bezeichnung für neue Investitionsmärkte geprägt. Der indische Historiker Vijay Prashad betont, dass O’Neil hier keineswegs eine politische Dimension im Sinn hatte: „Für den Goldman-Sachs-Analysten war die Größe ausschlaggebend: Die BRICS-Staaten umfassten riesige Landflächen, auf denen große Bevölkerungen lebten, die nun begonnen hatten, enorme Mengen an Gütern und Dienstleistungen hervorzubringen. […] Goldman Sachs hoffte, dass das Potenzial der BRIC-Staaten den Norden vor der Krise der Deindustrialisierung und finanzieller Instabilität retten würde.“[20] Doch aus diesen Staaten hat sich inzwischen auch ein politisches Bündnis gebildet, das den globalen Kapitalismus entscheidend zu den eigenen Gunsten zu verändern versucht. Hierzu haben die BRICS die Gründung einer eigenen Entwicklungsbank (als Konkurrenz zur Weltbank) beschlossen, drängen auf Reformen internationaler Institutionen und sind um Alternativen zum US-Dollar als dominante Weltwährung bemüht.[21] Neben diesem interkontinentalen Bündnis ist ebenfalls das Aufkommen anderer neuer Regionalbündnisse zu beobachten, die sich explizit zur wirtschafts- und sicherheitspolitischen Ausgrenzung der USA gegründet haben – hier seien v.a. die lateinamerikanischen Bündnisse CELAC, UNASUR und ALBA sowie die durch China und Russland dominierte Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) genannt. Trotz dieser zahlreichen neuen Initiativen muss an dieser Stelle jedoch eine Relativierung erfolgen. Es lässt sich nicht behaupten, dass sich alle Anstrengungen dieser Organisationen und ihrer Mitglieder ausschließlich gegen die USA (und/oder Europa) richten. Hier sei beispielsweise darauf verwiesen, dass China kein Interesse an einem schwächelnden US-Binnenmarkt haben kann, wohin viele seiner Exporte gehen. Im sicherheitspolitischen Feld stehen Russland, China, Indien und die USA allesamt für eine strikte Anti-Terror-Politik. Innerhalb der Bündnisse existiert zudem Dissens über die Positionierung gegenüber Washington, beispielsweise in der UNASUR. Dort pflegt Brasilien eine moderate Distanzierung von den USA, während Venezuela für einen konfrontativeren Ansatz steht.[22] An diesen Beispielen zeigt sich, dass wir uns einem komplexen Netz von Interessenkongruenzen und -konflikten gegenübersehen, das die globale Politik dieser Tage prägt. Die militärische Übermacht Wie beschrieben, nimmt die globale Vormachtstellung der USA wirtschaftlich gesehen ab. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Washington allen anderen Staaten militärisch weiterhin deutlich überlegen bleibt. Die Militärausgaben des Pentagons sind mehr als viermal so hoch wie die des zweitplatzierten (sich massiv aufrüstenden) China[23] und die US-Navy ist größer als die Seestreitkräfte der 17 nächstplatzierten Staaten zusammen.[24] Der britische Geograf David Harvey sieht die militärische Überlegenheit vor allem in Bezug auf die Kontrolle von Ressourcen als entscheidend an. Sollten die USA ihre militärische Macht dazu einsetzen, „den globalen Ölhahn fest unter ihrer Kontrolle [zu] haben“, könnten sie ihm zufolge sogar darauf „hoffen, die nächsten fünfzig Jahre lang wirksam die Weltwirtschaft zu kontrollieren.“ Zudem würde „jeder künftige militärische Konflikt […] einseitig sein, wenn die USA die Macht haben, ihrem Gegner den Ölhahn abzudrehen.“ [25] Aus dieser Perspektive heraus wird die geostrategische Bedeutung des Putschversuches gegen Hugo Chávez in Venezuela im Jahre 2002, des Irak-Kriegs seit 2003 oder auch der momentanen Auseinandersetzung des Westens mit dem Iran deutlich, um nur einige prominente Beispiele zu nennen. Die große Frage ist nun, ob die wirtschaftliche Schwächung der USA schlussendlich auch ihre militärische Dominanz bedroht. Der US-amerikanische Außenpolitikexperte Leslie Gelb warnt sein Land vor einer Überbetonung des Militärischen bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Wirtschaft: „Die meisten Nationen spielen ihre Außenpolitiktrommeln größtenteils zu ökonomischen Rhythmen, aber nicht so die Vereinigten Staaten. Die meisten Nationen definieren ihre Interessen größtenteils als ökonomische Macht, aber nicht so die Vereinigten Staaten. Die meisten Nationen haben ihre nationalen Sicherheitsstrategien angepasst, um sich auf ökonomische Sicherheit zu fokussieren, aber nicht so die Vereinigten Staaten.“[26] Der hier eingangs zitierte Zbigniew Brzezinski vergleicht die heutigen Vereinigten Staaten mit der Sowjetunion der 1980er Jahre und zeigt auf, dass der Pax Americana ein ähnlicher Kollaps droht.[27] Dieser Vergleich kommt David Harvey ebenfalls in den Sinn: „Wenn die Sowjetunion wirklich durch die Überlastung ihrer Wirtschaft aufgrund des Rüstungswettrennens zu Fall gebracht wurde, werden dann die USA in ihrem blinden Streben nach militärischer Vorherrschaft die wirtschaftlichen Grundlagen ihrer eigenen Macht unterminieren?“[28] Vonseiten der US-amerikanischen Politik scheint es hierzu zwei verschiedene Strategien zu geben. Die eine, v.a. durch RepublikanerInnen vertretene Strategie scheint ein schlichtes Ignorieren der US-amerikanischen Schulden vorzuschlagen. Frei nach dem ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney lässt sich dazu die einfache Formel anführen: „[Der ehemalige Präsident Ronald] Reagan hat bewiesen, dass Defizite nicht von Bedeutung sind.“[29] Dass dieses Denken weiterhin sehr präsent ist, zeigte das Programm des republikanischen Präsidentschaftskandidaten bei den Wahlen 2012, Mitt Romney. Hier wurde ein Umdenken in der militaristischen Außenpolitik ganz grundsätzlich abgelehnt – man ist gewillt und sieht sich in der Lage, sowohl weitere Kriege gegen „kleinere“ Länder zu führen als auch eine scharfe Eskalationspolitik gegenüber potenziellen Rivalen zu betreiben und für beides die Militärausgaben sogar noch weiter zu erhöhen.[30] Die zweite Strategie, eher von AnhängerInnen der Demokratischen Partei vertreten, zollt den wirtschaftlichen Problemen Washingtons Tribut, ohne dabei auf die Gewalt basierende Vormachtstellung der USA verzichten zu wollen. Die Kriege in Afghanistan und im Irak werden dabei als „politisches, ökonomisches und militärisches Desaster“ bewertet. „Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass gegenwärtig innerhalb der Eliten weiteren Militäreinsätzen mit mehreren zehntausend oder womöglich noch mehr Bodentruppen wenig Begeisterung entgegengebracht wird.“[31] Die neuen Mittel der Wahl sind stattdessen Drohnen, Cyberangriffe und Spezialeinheiten. Die punktuellen Einsätze von Spezialkräften sind besonders attraktiv, „weil sie weit weniger Ressourcen verschlingen als groß angelegte Bodeninvasionen.“[32] Dies ermöglicht es, sowohl die Militärausgaben (moderat) zu senken (oder zumindest nicht noch weiter nach oben zu treiben) als auch teils freiwerdende Ressourcen für die Eindämmung Chinas zu verwenden, wie es nun mit der Schwerpunktverlagerung der US-Truppen nach Ostasien geschieht.[33] Wie hier ansatzweise gezeigt, haben die Probleme der USA und der Aufstieg anderer Mächte einen ganz neuen politischen Fragenkatalog erstellt. Die Dynamiken in der Weltwirtschaft und in den außenpolitischen Strategien verschiedener Staaten nehmen viele Formen an und sind keineswegs widerspruchsfrei. Insgesamt, wie die Soziologen Matthias Ebenau und Stefan Schmalz feststellen, „zeichnet sich eine Epoche ab, die von äußerst unterschiedlichen nationalen und regionalen Akkumulationsstrategien und Machtblöcken mit stark variierenden Regulationsvorstellungen gekennzeichnet ist. Diese fügen sich zu keiner kohärenten Weltordnung zusammen.“[34] EUropas Position Wie bereits betont, geht die Multipolarisierung in langsamen Schritten voran und so muss zunächst betont werden, dass „Europa nach wie vor der größte Wirtschaftsraum der Welt mit einem Anteil am Weltbruttosozialprodukt von knapp 20 Prozent [ist]. Auch die Pro-Kopf-Einkommen und die durchschnittlichen Produktivitäten in der EU sind weitaus höher als die Chinas, Indiens, Brasiliens und Russlands. Von hohem Niveau ausgehend, sind die Wachstumsraten der EU aber im Schnitt der letzten drei Jahrzehnte niedriger als die der aufstrebenden Mächte. Dies zeigt eine mangelnde Dynamik und führt zu einem schleichenden Bedeutungsverlust.“[35] Der Politologe Luk van Langehove fasst den Abstieg Europas so zusammen: „Es gibt viele Zeichen, dass ein Höhepunkt erreicht wurde und dass die Indikatoren von hier an nach unten gehen.“[36] Nach dem Ende des Kalten Krieges schien es zunächst, als ob die Europäische Gemeinschaft, die mit den Maastrichter Verträgen zur Europäischen Union wurde, zu einem relativ eigenständigen Akteur in einer durch die USA dominierten Weltordnung werden würde. Besonders im Anschluss an den Kosovo-Krieg wurde der Ausbau der militärischen Komponenten europäischer Machtausübung forciert, um auch unabhängiger von Washington mit sogenannter Hard Power agieren zu können. In den Regierungsjahren Gerhard Schröders in Deutschland (1998-2005) und Jacques Chiracs in Frankreich (1995-2007) wurde von einigen europäischen Staaten eine Lockerung der transatlantischen Ausrichtung in der Außenpolitik forciert und etwas engere Kontakte zu anderen Partnern, besonders zu Russland, gesucht. Diese Tendenz ist vorerst beendet. Europa scheint sich mit den USA darüber einig zu sein, dass sie nur gemeinsam den weltwirtschaftlichen Verschiebungen Richtung Osten und Süden etwas entgegensetzen können – dazu noch einmal Luk van Langehove: „Vielleicht wird sogar ein vollkommen integriertes Europa nicht groß genug sein, um seine globalen Ambitionen zu realisieren. In diesem Kontext gewinnt die transatlantische Beziehung an Bedeutung.“[37] Daniel Korski vom Think Tank „European Council on Foreign Relations“ bezeichnet die Vereinigten Staaten und Europa sogar als „die besten Verbündeten“, die sich beide Seiten nur wünschen können und erklärt, dass die USA und Europa „über ähnliche Traditionen verfügen, dieselben Werte teilen und eine lange Geschichte gemeinsamer Zusammenarbeit hinter sich haben. […] Aber am Wichtigsten ist, dass sich die USA und Europa auf derselben Seite der heutigen geopolitischen Trennlinie befinden: beide sind absteigende Mächte mit einem gemeinsamen, starken Interesse am liberalen Status quo. […] Gemeinsam können die USA und Europa sich helfen, ihren kollektiven Abstieg zu managen, womöglich ihn sogar abzumildern. Allein jedoch werden beide verloren sein.“[38] Neben einer verstärkten außenpolitischen Kollaboration zeigt sich das transatlantische Zusammenrücken auch in den Plänen für eine gemeinsame Freihandelszone zwischen der EU und den USA. Wie bereits hervorgehoben, werden die BRICS-Staaten und andere wachsende Volkswirtschaften global bedeutender und so versuchen auch europäische Staaten und die EU als Gesamtes, ihre politischen und wirtschaftlichen Strategien verstärkt auf diese Länder auszurichten. Das deutsche Außenministerium unter Guido Westerwelle legte hierzu 2012 ein Konzept vor, in dem eine Zusammenarbeit mit den sogenannten „Gestaltungsmächten“ angepriesen wird.[39] Doch ob die europäischen Staaten auf die durch die BRICS angestrebten Veränderungen der internationalen Wirtschaftsstrukturen (Repräsentation im IWF, der WTO und der Weltbank) und der Sicherheitsarchitektur (UNO-Sicherheitsratsreform)[40] nur kooperativ reagieren werden, bleibt abzuwarten. Dass sich die EU auf globaler Ebene durchaus auch als Gegenspieler der aufstrebenden Ökonomien positioniert, kann anhand eines Werbevideos für die EU-Erweiterung aus dem Jahr 2012 illustriert werden. In diesem Clip ist eine Frau im hautengen gelben Kampfanzug zu sehen, die wie eine brünette Version der Schauspielerin Uma Thurman im Film „Kill Bill“ wirkt. Sie befindet sich in einer leeren Fabrikhalle. „Plötzlich erfüllt ein ohrenbetäubender Gong die Stille, im nächsten Augenblick springt ein eiskalt blickender asiatischer Angreifer aus der Galerie herab und auf die […] [Frau] zu. Tauben flattern auf, schon steht der nächste Feind bereit, ein Meister der indischen Kampfkunst Kalaripayattu, der seinen Säbel durch die Luft schnellen lässt. Nicht genug: Eine Tür fliegt auf, schon turnt ein muskelbepackter schwarzer Rasta-Mann im brasilianischen Capoeira-Stil Räder schlagend durch die Halle. […] Die europäische Uma holt tief Luft, streckt die Arme aus – und schon gesellen sich 14 geklonte Kämpferinnen zu ihr, einen gelben Kreis um die Angreifer schließend, die tief beeindruckt und zur Verhandlung bereit in den Schneidersitz gleiten. […] Die Damen verwandeln sich daraufhin zu Sternen, den 15 Sternen des EU-Logos. ‚Je mehr wir sind, umso stärker sind wir‘, lautet die abschließend eingeblendete Erklärung“.[41] Während die EU sich hier als friedlicher Akteur präsentiert, werden ihr symbolhaft drei der BRICS-Staaten gegenübergestellt: „die bösen Nicht-Europäer, die die friedliebende alte Welt mit Gewalt überziehen wollen – und obendrein auch noch eine wehrlose Frau angreifen“.[42] Der Sturm des Protestes gegen dieses Video war nach kurzer Zeit bereits so groß, dass es nach wenigen Tagen wieder aus dem Netz genommen werden musste.[43] Wie durch einen solchen Werbefilm angedeutet, wächst mit den Zweifeln der EU über ihre Rolle in einer aufkommenden multipolaren Welt auch ihr Bedarf, sich deutlich von den BRICS abzugrenzen und als Alternative darzustellen. Abschließend soll nun thematisiert werden, wie eine andere Art von Positionierung gegenüber den beschrieben Multipolarisierungstendenzen aussehen könnte. Das falsche Weltordnungsdilemma Bei einer Rede in London im Jahre 2003 versuchte die damalige nationale Sicherheitsberaterin des US-Präsidenten Bush und spätere Außenministerin, Condoleezza Rice, die angeblich einigende Wirkung einer unipolaren Weltordnung zu beschwören: „Der Bankrott von Faschismus, Nationalsozialismus und imperialem Kommunismus ist einem auf politischer und wirtschaftlicher Freiheit gründenden Paradigma des Fortschritts gewichen. […] Dieses Zusammenwirken gemeinsamer Interessen und gemeinsamer Werte schafft eine historische Chance, das zerstörerische Muster der Rivalitäten zwischen Großmächten zu durchbrechen, das die Welt seit dem Aufstieg des Nationalstaats im 17. Jahrhundert belastet.“[44] Dieser historischen Chance stellt Rice die Multipolarität gegenüber, die sie als „eine Theorie der Rivalität, der konkurrierenden Interessen – und im schlimmsten Fall – der konkurrierenden Werte“[45] betitelt. Das „Paradigma des Fortschritts“, das Rice nach dem Ende der Sowjetunion gegeben sieht, kann aus der Retrospektive nicht von vielen als solches wahrgenommen werden. Afrika, Lateinamerika, Osteuropa und Russland sahen sich durch neoliberale „Strukturanpassungsmaßnahmen“ vor erheblichen Problemen, die ganz im Gegenteil als fortschrittsfeindlich einzustufen sind – profitieren konnten im Wesentlichen nur kleine Eliten der jeweiligen Länder. Von Rivalitäten zwischen Großmächten lässt sich im Anschluss an den Kalten Krieg zwar nicht sprechen, doch dafür von vielen kleineren Kriegen. Zudem initiierten die USA – teils mit, teils ohne UNO-Zustimmung – zwischen dem Fall der Berliner Mauer und dem Irak-Krieg von 2003 zehn große Militärinterventionen.[46] Wenn Rice hier also eine friedliche, fortschrittsorientierte Weltordnung unter Führung der USA nach dem Ende des Kalten Krieges suggerieren möchte, so steht dies argumentativ auf tönernen Füßen. Dass ihre Meinung global nicht geteilt wurde, zeigte sich u.a. in einer in 21 Ländern durchgeführten Umfrage des BBC im Jahr 2004. In 16 dieser Länder wünschten sich eine absolute und in zwei weiteren eine relative Mehrheit die Abwahl George W. Bushs, der zur Verkörperung der von Rice gepriesenen Weltordnung geworden war. [47] Die – meistens von liberalen DenkerInnen postulierte – Idee einer kosmopolitisch-demokratischen Weltordnung nach dem Ende der Bipolarität wird von AutorInnen wie u.a. der belgischen Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe zu Recht kritisiert, da hier die globalen Kräfteverhältnisse vollkommen ausgeblendet werden. Der Versuch der Durchsetzung einer globalen Demokratie – wobei sich auch über die genaue Bedeutung dieses Begriffes ausführlich streiten ließe – kann nur die Universalisierung des westlichen Models unter der Kontrolle eines Hegemons bedeuten. Die vermeintlich demokratische Weltordnung wäre „eine unipolare Welt, wo im Namen des Universalismus das westliche Modell der Demokratie weltweit aufgezwungen worden wäre.“[48] Mehr noch: Die Mär einer angeblich segensreichen Wirkung westlicher Vorherrschaft liefert einen „perfekten“ Vorwand, (auch militärisch) alles dafür tun zu dürfen, diese Position ad infinitum zu erhalten.[49] Und in der Tat gibt es viele Hinweise darauf, dass eine im Abstieg begriffene Weltmacht wie die Vereinigten Staaten (in Kollaboration mit der EU) bereit ist, ihren Niedergang mit gewaltsamen Mitteln aufzuhalten.[50] Angesichts dessen ist die Versuchung groß, sich in diesem Prozess der Multipolarisierung einfach dem „anderen Lager“ anzuschließen und sich vorbehaltlos positiv auf Länder wie China oder Russland zu beziehen. Doch unsere Kritik darf an dieser Stelle nicht verstummen. Wenn wir uns gegen den Interventionismus der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union (oder einzelner europäischer Staaten) aussprechen, darf dem nicht ein simples Abstecken von Einflusssphären für andere Mächte gegenübergestellt werden. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass der dem Nationalsozialismus nahestehende Staatsrechtler Carl Schmitt, der durchaus als einer der Vordenker der multipolaren Idee bezeichnet werden kann[51], von einem „Interventionsverbot für raumfremde Mächte“ sprach und „den faschistischen Raub- und Vernichtungskrieg zu einer Maßnahme gegen den universalistisch ausgreifenden Imperialismus britischer Provenienz“[52] erklärte und damit legitimierte. Zudem forderte er eine Nicht-Einmischung der USA in die europäischen Angelegenheiten. So wie die USA durch die Monroe-Doktrin eine Nicht-Einmischung in Lateinamerika postulierten, so sollte nach Schmitt eine solche Doktrin auch für die Geopolitik des Deutschen Reiches in Europa gelten.[53] Der Verweis auf Schmitt soll keinen Nazi-Vergleichen dienen, die an dieser Stelle mehr als absurd wären. Worauf hingewiesen werden soll, ist, dass die reine Zurückweisung des westlichen Imperialismus noch nichts über andere Formen der (Geo-) Politik aussagt, die an dessen Stelle praktiziert werden. Auf die heutige Situation übertragen, müssen also die Politikmodelle der BRICS-Staaten und deren Auswirkungen in ihren jeweiligen Regionen ebenfalls betrachtet werden. An Kritik der westlichen Globalpolitik mangelt es in den einzelnen BRICS-Staaten nicht – als Beispiel seien hier die zahllosen Seitenhiebe Wladimir Putins gegen die USA genannt. Dass diese Rhetorik von sozialer Gerechtigkeit – bei aller berechtigter Kritik an westlicher Politik – jedoch häufig fehl am Platze ist, hebt der Politologe Markus Spörndli in einem Kommentar zum diesjährigen BRICS-Gipfel in Südafrika hervor: „‚Innert kurzer Zeit hat diese Gruppierung der Welt gezeigt, dass sie die Basis einer neuen gerechteren Weltordnung darstellt.‘ Südafrikas Präsident Jacob Zuma sagte dies nicht am Weltsozialforum […]. Er sagte dies an einem Galadinner in Durban, wo er […] das fünfte Gipfeltreffen der großen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika […] eröffnete. […] Nicht nur die traditionellen Industrieländer beobachten den zunehmenden Einfluss der Brics-Gruppe argwöhnisch. Selbst viele VertreterInnen des Südens fühlen sich von den fünf Schwellenländern mehr bedroht als vertreten. Die Nationalökonomien dieser Staaten sind alles andere als gerecht; sie beruhen zumeist auf extremer sozialer Ungleichheit; sie zerstören die Umwelt und erwärmen das Klima. Und die Außenwirtschaftspolitik der neuen Wirtschaftsmächte ist überaus aggressiv: etwa im subsaharischen Afrika, wo sich Indien, China und Südafrika riesige Landwirtschaftszonen aneignen und Rohstoffe ausbeuten.“[54] Auch Vihay Prashad spricht den BRICS emanzipatorisches Potential ab: „Ein frontaler Angriff auf die institutionelle Hegemonie des Nordens oder den neoliberalen politischen Rahmen findet bisher nicht statt. Im Gegenteil: Das BRICS-Projekt ist – bis jetzt – ein konservativer Versuch der treibenden Kräfte des Südens, sich selbst dorthin zu befördern, wo ihrer Ansicht nach ihr eigener Platz auf der Weltbühne ist.“[55] In ihrer jetzigen Verfasstheit bringen die BRICS Prashads Auffassung nach „keine Freiheit […] für den Süden.“[56] Zunächst einmal ist zwar zu begrüßen, dass durch die Verschiebung der weltwirtschaftlichen Kräfte der vollkommen überproportionierte Anteil des Westens am globalen Reichtum angetastet wird, doch leider führt dies anderswo nur in Maßen zu sozialeren, egalitäreren Gesellschaften. Die BRICS-Länder und andere aufstrebende Akteure bieten viel zu wenige gute Alternativen zur westlichen Politik und sie sind deshalb in einem nur sehr geringen Maße progressive Gegenkräfte. Weder sollte in der heutigen Machtkonstellation ein Kampf des westlichen Liberalismus gegen Autokratien im Sinne des US-Politologen Robert Kagan gesehen[57], noch andersherum den BRICS-Staaten eine Heldenrolle im Kampf gegen neokoloniale Ausbeutungsstrukturen zugeschoben werden. Wenn wir uns an einem Antagonismus in der globalen Politik orientieren wollen, was immer nur eine Vereinfachung sein kann, dann sollte dieser nicht „Uni- vs. Multipolarität“, sondern vielmehr – in Anlehnung an den US-Soziologen Immanuel Wallerstein – „der Geist von Davos“ vs. „der Geist von Porto Alegre“ sein. Gemeint sind hier die beiden ideologischen Ansätze um das Weltwirtschaftsforum im Schweizer Urlaubsort Davos und das Weltsozialforum (WSF) in der südbrasilianischen Stadt Porto Alegre.[58] Während das Erstgenannte Politikern, Managern und Medienmogulen zur Verteidigung und Vertiefung der neoliberalen Globalisierung dient, diskutiert Zweitgenanntes unter dem Motto „Eine andere Welt ist möglich“ über soziale Alternativen zum globalen Kapitalismus. Es ist wahr, dass die Grenzen zwischen den beiden Foren manchmal zu verschwimmen drohen, wie etwa der slowenische Philosoph Slavoj Žižek anmerkt: „Wohin sind bloß all die leuchtenden Sterne von Porto Alegre verschwunden? Ein paar von ihnen sind auf alle Fälle nach Davos umgezogen.“[59] Es ist ebenfalls richtig, dass das WSF in den ersten Jahren nach seiner Gründung (2001) auf der Welle der Antiglobalisierungsproteste schwamm und nun weniger Aufmerksamkeit erreicht. Trotzdem bleibt es ein „Kristallisationspunkt vielfältiger Kämpfe und Themen“[60], wie der Politikwissenschaftler Ulrich Brandt attestiert, und es „trägt […] weiterhin zur Selbstverständigung und Strategieentwicklung der sozialen Bewegungen auf globaler Ebene bei“.[61] An diesem Ansatz globaler Solidarität sollte festgehalten werden, und zwar nicht nur, um dem in Davos und anderswo gepredigten Neoliberalismus entgegenzutreten, sondern ebenfalls um dem falschen Weltordnungsantagonismus, in dem eine uni- einer multipolaren Welt gegenübersteht, eine Absage zu erteilen. Anders als in dieser Auseinandersetzung „hat der Konflikt zwischen dem Geist von Davos und dem Geist von Porto Alegre keine Geografie“, wie Immanuel Wallerstein hervorhebt. „Er geht quer durch die gesamte Welt, genauso wie die Bewegungen.“[62] Es geht darum, Asymmetrien zu überwinden, die durch die geopolitischen Auseinandersetzungen ständig reproduziert werden. Ohne diese Auseinandersetzungen um die Weltordnung zu unterschätzen oder gar ignorieren zu können, ist der Versuch wichtig, ihre räumlichen, sozialen und moralischen Kategorien zu überwinden. Anmerkungen [1] Zitiert nach Hiro, Dilip: After Empire. The birth of a multipolar world, Nation Books, New York 2010, S.23. [2] Zitiert nach Liuhto, Kari: Energy in Russian Foreign Policy. Electronic Publications of Pan-European Institute (Turku School of Economics), 10/2010, abrufbar unter: http://www.tse.fi/FI/yksikot/erillislaitokset/pei/Documents/Julkaisut/Liuhto_final.pdf. [3] Vgl.: Ritz, Hauke: Warum der Westen Russland braucht. Die erstaunliche Wandlung des Zbigniew Brzezinski, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 7/2012, S. 91. [4] Zitiert nach ebd., S. 93-94. [5] Vgl.: National Intelligence Council: Global Trends 2025. A Transformed World, November 2008, abrufbar unter: http://www.acus.org/files/publication_pdfs/3/Global-Trends-2025.pdf; noch aktueller: National Intelligence Council: Global Trends 2030. Alternative Worlds, Dezember 2012, abrufbar unter: http://globaltrends2030.files.wordpress.com/2012/12/global-trends-2030-november2012.pdf. [6] Chomsky, Noam: Amerika im Niedergang, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 9/2011, S. 52. [7] Vertiefend dazu vgl.: Scherrer, Christoph: Das Finanzkapital behauptet sich in der Krise, in: Dürmeyer, Thomas/Overwien, Bernd et. al. (Hg.): Perspektiven auf die Finanzkrise, Verlag Barbara Budrich, Opladen und Farmington Hills 2011, S. 159-176; Crouch, Colin: Das lange Leben des Neoliberalismus, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Jg. 56, Nr. 11, 2011, S. 49-62. [8] „Während die Jahre von 1945 bis 1970 die größte Expansion produzierender Unternehmen und daraus resultierender Gewinne in der Geschichte des modernen Weltsystems darstellten, war die Zeit von 1970 bis 2010 jene der größten Expansion von Spekulationsgewinnen“, diagnostizierte der US-amerikanische Soziologe Immanuel Wallerstein bei einer Vorlesung am 27. Oktober 2010 (Wallerstein, Immanuel: Das Weltsystem nach 1945 (eurozine.com, 29.04.2011), abrufbar unter: http://www.eurozine.com/articles/2011-04-29-wallerstein-de.html). [9] Harvey, David: Kleine Geschichte des Neoliberalismus, Rotpunktverlag, Zürich 2007, S. 42. [10] In den 1960er Jahren lag die jährliche Wachstumsrate der Weltwirtschaft bei 3,5 Prozent, selbst in den durch Krisen geprägten 1970er Jahren bei 2,4 Prozent. Als die neoliberale Politik nach und nach umgesetzt wurde, also in den 1980er und 1990er Jahren, verzeichnete die Weltwirtschaft lediglich 1,4 bzw. 1,1 Prozent Wachstum (vgl.: ebd., S. 191). [11] Kappel, Robert: Der Abstieg Europas und der Vereinigten Staaten. Verschiebungen in der Weltwirtschaft und Weltpolitik, Giga Focus 1/2011, S. 4. [12] Ebenau, Matthias/Schmalz, Stefan: Auf dem Sprung. Brasilien, Indien und China, Dietz Verlag, Berlin 2011, S.22. [13] USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Italien. [14] Vgl.: Boris, Dieter/ Schmalz, Stefan: Eine Krise des Übergangs. Machtverschiebungen in der Weltwirtschaft, in: PROKLA, Jg. 39, Heft 157, S. 629. [15] Vgl.: Hiro: After Empire, s.o., S. 62. [16] Vgl.: Baruah, Amit: Can Brics rival the G7? (bbc.co.uk, 29.03.2012), abrufbar unter: http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-17515118. [17] „Nach Berechnungen des volkswirtschaftlichen Research von Goldman Sachs werden im Jahr 2050 die fünf größten Volkswirtschaften der Welt aus den vier Bric-Ländern Brasilien, Russland, Indien, China sowie den USA bestehen (O’Neill, Jim: Ein globales Beben geht durch die Weltwirtschaft (handelsblatt.com, 21.04.2012), abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-ein-globales-beben-geht-durch-die-weltwirtschaft/6534528.html).“ [18] Vgl.: Sharma, Ruchir: Broken BRICs. Why the Rest stopped rising, in: Foreign Affairs, Jg. 91, Nr.6, November-Dezember 2012. [19] van Agtmael, Antoine: Think Again: The BRICS (foreignpolicy.com, November 2012), abrufbar unter: http://www.foreignpolicy.com/articles/2012/10/08/think_again_the_brics?page=full. [20] Prashad, Vihay: Neoliberalismus mit südlichem Antlitz. Der Aufstieg des BRICS-Blocks, Rosa Luxemburg Stiftung, New York Office, Mai 2013, abrufbar unter: http://www.rosalux-nyc.org/wp-content/files_mf/prashaddeubrics.pdf, S. 13. [21] Zur Bedeutung des Dollars für die US-amerikanische Vormachtstellung vgl.: Wagner, Jürgen: USA – Erlassjahr 2015? Washingtons erodierende Vorherrschaft und der Kreuzzug zum Erhalt der Dollarhegemonie, Teil 1 in: IMI Ausdruck 3/2006, Teil 2 in: IMI Ausdruck 4/2006. [22] Vgl.: Serbin, Andrés: América del Sur en un mundo multipolar. ¿Es la UNASUR la alternativa?, in: Nueva Sociedad, Nr. 219, Januar/Februar 2009, S. 145-156. [23] Laut der SIPRI Military Expenditure Database belief sich das US-Rüstungsbudget 2012 auf 668 Mrd. Dollar, das Chinas auf 157 Mrd. Dollar (vgl.: http://www.sipri.org/research/armaments/milex/milex_database/milex_database). [24] Vgl.: Hiro: After Empire, s.o., S. 178. [25] Harvey, David: Der neue Imperialismus, VSA-Verlag, Hamburg 2005, S. 32. [26] Zitiert nach Kappel: Der Abstieg Europas und der Vereinigten Staaten, s.o., S. 2. [27] Vgl.: Ritz: Warum der Westen Russland braucht, s.o., S. 95. [28] Harvey: Der neue Imperialismus, s.o., S. 83; gegen eine Überbetonung der militärischen Macht gegenüber der ökonomischen Macht durch die USA argumentiert ebenfalls der Politologe Daniel W. Drezner in seinem Artikel „Military Primacy Doesn’t Pay (Nearly As Much As You Think)“, in: International Security, Jg. 38, Nr. 1, Sommer 2013, S. 52-79. [29] Zitiert nach Wagner, Jürgen: USA – Erlassjahr 2015, Teil 1, s.o., S. 26. [30] Vgl.: Wagner, Jürgen: Anwalt der Reichen und Militaristen. Mitt Romney und die Rückkehr der Neokonservativen, junge Welt, 25.09.2012. [31] Wagner, Jürgen: Die Rückkehr der Schattenkrieger. Spezialeinheiten als neue Speerspitzen des Interventionismus, in: Dokumentation des IMI-Kongresses 2012. [32] Ebd.; „Darüber hinaus sind sie für die Exekutive mit vergleichsweise geringen politischen Risiken behaftet, da ihnen in der Regel – wenn überhaupt – relativ wenige (westliche) Soldaten zum Opfer fallen und die Einsätze sich ohnehin weitgehend einer öffentlichen Kontrolle entziehen (ebd.).“ [33] Vgl: Klare, Michael T.: Kurs auf den Pazifik. Obamas Militärstrategie setzt neue Prioritäten, in: Le Monde Diplomatique, Deutsche Ausgabe, Nr. 9748, März 2012, S.5. [34] Ebenau/Schmalz: Auf dem Sprung, s.o., S. 178. [35] Kappel: Der Abstieg Europas und der Vereinigten Staaten, s.o, S. 3. [36] Van Langenhove, Luk: The EU as a Global Actor in a Multipolar World and Multilateral 2.0 Environment, Egmont Paper 36, März 2010, S.6. [37] Ebd., S.22. [38] Korski, Daniel: Partners in Decline (ECFR, 03.03.2010), abrufbar unter: http://ecfr.eu/content/entry/commentary_partners_in_decline_daniel_korski. [39] Vgl.: Globalisierung gestalten – Partnerschaften ausbauen – Verantwortung teilen. Konzept der Bundesregierung (http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/608384/publicationFile/169965/Gestaltungsmaechtekonzept.pdf) [40] Deutschland bildet zwar gemeinsam mit Brasilien, Indien und Japan die sogenannten G4-Staaten, die sich für eine Erweiterung des Sicherheitsrats einsetzen. Großbritannien und Frankreich werden ihre Privilegien als zwei von fünf ständigen Mitgliedern jedoch verteidigen wollen. Insgesamt könnte eine Anpassung der Stimmrechte an die heutige Situation nur einen Einflussverlust Europas als Gesamtes zufolge haben. [41] Bolzen, Stefanie: EU nimmt Video nach Rassismus-Vorwurf vom Netz (welt.de, 07.03.2012), abrufbar unter: http://www.welt.de/politik/ausland/article13908247/EU-nimmt-Video-nach-Rassismus-Vorwurf-vom-Netz.html [42] Ebd. [43] Das Video lässt sich noch auf Youtube betrachten: http://youtu.be/9E2B_yI8jrI. [44] Rice, Condoleezza: „In Wirklichkeit war ‚Multipolarität‘ nie eine einigende Idee“. Rede in London am 26. Juni 2003, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 8/2003, S. 1007. [45] Ebd. [46] Vgl.: Hiro: After Empire, s.o., S. 271. [47] Vgl.: Prashad: Neoliberalismus mit südlichen Antlitz, s.o., S. 8. [48] Mouffe, Chantal: Democracy in a Multipolar World, in: Millenium: Journal of International Studies, Jg. 37, Nr.3, 2009, S. 556. [49] Vgl. etwa Snidal, Duncan: The limits of hegemonic stability theory, in: International Organization, Jg. 39, Nr. 4 Herbst 1985), S. 579-614; Chan, Steve: Realism, Revisionism, and the Great Powers, in: Issues & Studies, Jg. 40, Nr. 1, März 2004, S. 135-172. [50] So meint z.B. der US-Politologe Dale C. Copeland: „Kriege unter Großmächten werden normalerweise von einer dominierenden militärischen Macht begonnen, die sich vor einem signifikanten Abstieg sorgt […]“ (Copeland, Dale C.: The Origins of Major War, CornellUniversity Press, Ithaca/London 2000, S. 3). [51] Vgl.: Salomon, David: Geopolitik im Ausnahmezustand? Carl Schmitt und seine Konjunkturen, in: Wissenschaft und Frieden 1/2013, S. 20. [52] Ebd., S. 21. [53] Vgl.: ebd., S.22. [54] Spörndli, Markus: Die guten Imperialisten? (woz.ch, 28.03.2013), abrufbar unter: http://www.woz.ch/1313/schwellenlaender/die-guten-imperialisten. [55] Prashad: Neoliberalismus mit südlichem Antlitz, s.o., S. 4. [56] Ebd., S. 18. [57] Vgl.: Kagan, Robert: Die Demokratie und ihre Feinde. Wer gestaltet die neue Weltordnung?, Siedler Verlag, München 2008. [58] Inzwischen findet das Weltsozialforum jährlich an verschiedenen Orten statt; 2013 war die tunesische Hauptstadt Tunis der Austragungsort. [59] Žižek, Slavoj: Gewalt. Sechs abseitige Reflektionen, Laika Verlag, Hamburg 2011, S. 22. [60] Brandt, Ulrich: Transformation tut Not. Zwölf Jahre Weltsozialforum, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 5/2013, S. 92. [61] Ebd., S. 96. [62] Wallerstein, Immanuel: After Developmentalism and Globalization, What?, in: Social Forces, Jg. 83, Nr.3, März 2005, S. 1277; „keine Geografie“ bedeutet natürlich nicht, dass die Auseinandersetzungen nicht an realen Orten ausgetragen werden und dort nicht spürbar wären.

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