Freitag, 28. März 2014

DIE „VENEZOLANISCHE VERBINDUNG“ DER REAKTION EL SALVADORS

von Professor Roberto Regalado*, Kuba übersetzt von Jens-Torsten Bohlke Havanna, 22. März 2014, Cubadebate. – Norman Quijano, der bei den jüngsten salvadorianischen Präsidentschaftswahlen in beiden Wahlgängen letztlich knapp unterlegene Präsidentschaftskandidat der reaktionären Kräfte, greift mit seinen Anschuldigungen wegen Wahlbetrugs zu seinem Nachteil bei der Stimmenauszählung am 9. März 2014 in Wirklichkeit lediglich auf ein abgekartetes und abgedroschenes melodramatisch inszeniertes Schema zurück, welches schon in Venezuela 2013 bei den dortigen Präsidentschaftswahlen verwendet worden ist. Er klagte beim Obersten Wahlgericht wegen Wahlbetrug zugunsten des heutigen Präsidenten Salvador Sánchez Cerén, welcher für die Frente Farabundo Martí für die Nationale Befreiung (FMLN) kandidierte. Quijano verweigerte dem Wahlergebnis seine Anerkennung und beantragte die Annullierung der Wahl, wofür er sich erst an das Oberste Wahlgericht und anschließend an das Verfassungsgericht des Landes wandte. All dies dient dazu, eine neue Etappe seiner Hass- und Einschüchterungskampagne einzuläuten, welche von den reaktionären Kräften schon im Wahlkampf intensiv entfaltet worden war. Im zweiten Wahlgang erreichte Sánchez Cerén 50,11% der abgegebenen gültigen Stimmen und damit den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen in El Salvador. Quijano verlor knapp mit 49,89%, was übrigens kaum weniger als das Ergebnis für Sánchez Cerén mit dessen 49,92% im ersten Wahlgang ausmachte, als der reaktionäre Kandidat nur 38,98% erreichte. Dass sich die Stimmenverteilung zwischen beiden Hauptkandidaten um die Präsidentschaft dermaßen änderte, liegt daran, dass im zweiten Wahlgang alle anderen Kandidaten nicht mehr zugelassen waren, welche ausschließlich dem reaktionären Lager zuzurechnen sind. Eine Rolle spielte auf jeden Fall auch die bereits genannte Hass- und Einschüchterungskampagne von Quijano mit allen Merkmalen der Destabilisierungsoffensive der reaktionären Kräfte derzeit auch in Venezuela. Das Wahlgesetz von El Salvador schreibt mindestens 51% der Stimmen für einen Sieg im ersten Wahlgang vor. Deshalb boten die reaktionären Kräfte etliche Kandidaten für ihre Kampagne „Alle gegen den Linkskandidaten“ auf. Damals ging es am 2. Februar nicht nur in El Salvador, sondern auch im nahen Costa Rica an die Wahlurnen, wo nach dessen Wahlgesetz der Wahlsieger mit 40% feststeht und die in El Salvador von Sánchez Cerén erzielte Stimmenzahl vollauf für dessen Sieg schon in der ersten Abstimmungsrunde ausgereicht hätte. Im benachbarten Nicaragua siegt der Präsidentschaftskandidat übrigens schon mit nur 35% erzielter Stimmenzahl, sofern er damit mindestens 5% vor seinem Verfolger liegt. Bei all dem nährt der von Sánchez Cerén letztlich erzielte nur äußerst knappe Abstand von 0,22% ohne jeden Zweifel die Umtriebe all jener abgeschlagen und erfolgreich hinsichtlich Präsidentenamt geendeten reaktionären Politiker Lateinamerikas, die juristisch wegen Wahlbetrug den Ausgang von Präsidentschaftswahlen anfechten. ARENA, die reaktionäre Partei des Kandidaten Quijano, besitzt eine lange Tradition darin, ihre Wahlsiege in der Vergangenheit durch Wahlbetrügereien wie mitgezählte manipulierte Stimmabgaben von Verstorbenen oder rasch mal eben aus benachbarten Ländern gegen Entgelt in Bussen am Wahltag heran gekarrte gar nicht in El Salvador stimmberechtigte „Wähler“ herbei manipuliert zu haben. Eines der „Argumente für die Annullierung der Wahlen vom 9. März“ seitens ARENA jetzt ist die Tatsache, dass 182 Strafgefangene aus den Gefängnissen einen „Freigang“ erhielten, um für den FMLN-Kandidaten zu stimmen. Wäre dies wahr, dann müsste ARENA gefragt werden, wie viel Geld ARENA in diese Machenschaften und an wie viele Gefängnisbeamte gegeben hatte, als sie selbst noch zwei Jahrzehnte lang von 1989 bis 2009 die Regierung stellte. „DIE VENEZOLANISCHE VERBINDUNG“ Die von Quiroga und der ARENA-Partei eingenommene Haltung ist berechtigt als Kopie der Destabilisierungsstrategie seit fast einem Jahr in Venezuela angeprangert worden, wo der ebenfalls in beiden Präsidentschaftswahlgängen 2012 gegen Hugo Chávez und 2013 gegen Nicolás Maduro unterlegene reaktionäre Kandidat Henrique Capriles dieselben Mittel und dieselbe Art von Verleumdungs- und Einschücherungskampagne verwendet. Capriles und Quijano, zweifach unterlegene Kandidaten, erster in einem Zeitraum von sechs Monaten und zweiter in einem Zeitraum von einem Monat, geifern herum und gebärden sich wie Wahlsieger. Beide fordern die Auszählung Stimme für Stimme im Wissen, dass es dafür keinerlei Grund gibt und ihre Forderung nicht im Einklang mit dem jeweiligen Wahlgesetz des Landes steht. Wofür? Sie wollen einen unendlichen Horizont von Möglichkeiten für das ständige Konstruieren von Forderungen ohne jede rechtliche Grundlage schaffen, um den Zeitraum für eine mögliche Neuauszählung der Stimmen auszuweiten. Dahinter steckt ihre Absicht, Unsicherheit zu erzeugen, Misstrauen in die Legitimität des Wahlablaufs zu verbreiten und den Eindruck zu verbreiten, der Präsident sei in nichtlegitimer Weise gewählt worden. So sollen Bedingungen für eine Destabilisierungskampagne aufrecht erhalten werden, wie sie die reaktionären Kräfte Venezuelas seit nun schon mindestens zehn Monaten entfaltet, und welche in ganz ähnlicher Weise die reaktionären Kräfte von El Salvador nun auch dort eingeleitet hat. Erinnern wir uns daran, dass die die Forderungen von Capriles und Quijano nach Neuauszählung Stimme für Stimme gegenüber den damaligen Linkskandidaten in Mexiko 1988, 2006 und 2012 sowie auch gegenüber dem Linkskandidaten in Honduras 2013 abgelehnt wurden, obwohl deren Klagen über Wahlbetrug eine recht solide und unbestreitbare Grundlage in den aufgeführten Fakten hatten. Oder schauen wir mal auf die Manipulationen bei der Wahl des republikanischen Kandidaten George W. Bush, um den demokratischen Kandidaten Al Gore in den USA seinerzeit im Jahr 2000 unterlegen da stehen zu lassen. Es ist kein Zufall, dass die Machenschaften von Capriles und Quijano sich dermaßen gleichen und gegen die Bolivarische Revolution und gegen die FMLN gerichtet sind. Ebenso wenig ist es Zufall, dass die Gewalttätigkeit der reaktionären Kräfte in Venezuela derzeit bei den Wahlgängen in El Salvador einen dermaßen hohen Grad erreicht hat. ARENA repräsentiert die 40 Oligarchen-Clans El Salvadors, in deren Hände riesiger Großgrundbesitz sowie die Wirtschaft und die Medienkonzerne des Landes sind, was ihnen für ihre Manipulationen Tür und Tor öffnet. Hinsichtlich der Ereignisse in Venezuela können wir darauf zurückgreifen, dass zuvor ARENA die Absicht verkündet hatte, in El Salvador in den Monaten nach der Wahl „einen Krieg ohne tote Soldaten“ führen zu wollen. Die Übertragung des in Venezuela von den reaktionären Kräften praktizierten Destabilisierungsschemas ist kein Zufall. Die reaktionären Führungsfiguren beider Länder wie Henrique Capriles, Leopoldo López und María Corina Marchado in Venezuela oder Norman Quijano, René Portillo, Jorge Velado und Roberto D’Aubuisson (Jr.) in El Salvador sind einfach die Ausführer einer Spielart der Doktrin für die Beherrschung des gesamten Spektrums, welche das US-Verteidigungsministerium Pentagon 2008 verkündet hatte. Dieses Konzept fußt auf den Aufstandsbekämpfungserfahrungen und den entwickelten Methoden der Konterrevolution des Imperialismus in seiner Auseinandersetzung mit den antikolonialistischen und revolutionären Kämpfen in Asien, Afrika und Lateinamerika seit dem Ende des 2. Weltkriegs. Die Verkündung der Doktrin der Beherrschung des gesamten Spektrums ist eine der „Anpassungen“, die die US-Regierung in ihrer Außenpolitik vorgenommen hat, nachdem die 1989 von US-Präsident George Herbert Bush verkündete „Neue Weltordnung“ gescheitert ist. Diese „Anpassung“ ist in Lateinamerika die Reaktion des US-Imperialismus und der reaktionären Kräfte gegenüber dem Aufschwung des Kampfes der Volksmassen, welche gegen die neoliberalen Umgestaltungen mobil machen und fortschrittlichen und linksgerichteten Kräften die Besetzung der bürgerlich-demokratischen politischen Machtpositionen vor Ort zunehmend ermöglichen. Denn erstmals in der Geschichte Lateinamerikas kommt es dazu, dass fortschrittliche Kräfte durch Wiederwahl die Regierung in einer bedeutenden Zahl der Länder Lateinamerikas stellen. Die klassischen Staatsstreiche des 19. und 20. Jahrhunderts rufen noch immer Empörung bei den Völkern hervor. Daher aktualisiert der Imperialismus die Mittel und die Methoden der Destabilisierung, welche letztlich denselben Ausgangspunkt haben wie die Putsch-Szenarien zur Zerschlagung von Arbenz in Guatemala (1954) und Allende in Chile (1973), heute jedoch mit weitaus stärkerem Einsatz der Massenmedien erfolgen und die Rolle reaktionärer Militärs für die Augen der Öffentlichkeit minimieren, auch indem an der Spitze reaktionärer militärischer Staatsstreiche dann zivile Gestalten wie Pedro Carmona (Venezuela 2002), Roberto Micheletti (Honduras 2009) und Féderico Franco (Paraguay 2011) stehen. Wichtig ist hervorzuheben, dass in Honduras und in Paraguay die Spielart eines „gesetzkonformen“ Staatsstreiches benutzt wurde, und dass in El Salvador während der Präsidentschaft von Mauricio Funes (2009-2014) beabsichtigt wurde, einen „Justizvertreter“ für einen eventuellen „legitimen“ Staatsstreich beim Verfassungsgericht zu installieren. Daher verwundert es nicht, dass ARENA jetzt vor diesem Verfassungsgericht die Wahl vom 9. März anfechtet, wohl wissend dass dieses Verfassungsgericht überhaupt nicht für den Rechtsfall Wahlen zuständig ist. *Roberto Regalado ist Politikwissenschaftler und Doktor der Philosophie sowie Professor des Zentrums für Hemisphärische und USA-Studien der Universität Havanna, auch leitender Herausgeber etlicher Sammelbände von Ocean Sur. Quelle: Alai-Amlatina Quelle: http://www.cubadebate.cu/especiales/2014/03/22/el-salvador-la-reaccion-del-candidato-derrotado-la-conexion-venezolana/#.UzO9saJ9hl0

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