Freitag, 11. Juli 2014

Die Waffendealer aus Eckernförde

Hausdurchsuchung bei SIG Sauer wegen des Verdachts auf illegale Geschäfte Von Dieter Hanisch, Kiel 04.07.2014 Offiziell sollten die Pistolen in die USA gehen. Doch weil deren Bestimmungsort offenbar Kolumbien war, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft gegen SIG Sauer. Damit eine illegale Pistolenlieferung vom Kleinwaffenhersteller SIG Sauer aus dem schleswig-holsteinischen Eckernförde bei der Polizei im Bürgerkriegsland Kolumbien ankommt, wurde der Deal offenbar über den handelstechnischen Umweg der USA abgewickelt. Das zumindest haben Recherchen von NDR, WDR und »Süddeutscher Zeitung« ergeben. Der Verdacht stand bereits länger im Raum, nun liegen dem Vernehmen nach eindeutige Hinweise aus dem Firmenschriftverkehr vor. Die Kieler Staatsanwaltschaft hat nun die Firma durchsuchen lassen. Für Waffenexporte ist zwingend eine Genehmigung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Eschborn einzuholen. Doch die zuständige Behörde wurde bei diesem Geschäft offenbar mit Falschangaben getäuscht, weshalb von dort nun auch das Zollkriminalamt mit Ermittlungen betraut wurde. Laut internen Firmenunterlagen wurden die Pistolen vom Typ 2022 zunächst mit dem Vermerk, die Waffen seien für den zivilen Markt in den USA bestimmt, an die gleichnamige US-Schwesterfirma in Exeter/New Hampshire geliefert, von wo aus sie dann weiter den Weg nach Südamerika nahmen. Anhand der Registriernummern sind die Pistolen dort eindeutig identifiziert worden. Zudem liegen entsprechende Aussagen von ehemaligen Beamten einer kolumbianischen Polizeieinheit vor, die direkt dem Verteidigungsministerium unterstellt ist und für Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich gemacht wird. Noch nicht bekannt ist, welchen Umfang die Lieferung zwischen 2009 und 2012 genau hatte. Es ist die Rede von mehreren tausend, möglicherweise sogar mehreren zehntausend Kleinfeuerwaffen. Interne E-Mails bei SIG Sauer sollen Medienberichten zufolge aufzeigen, dass die Chefetage in Eckernförde von Anfang an wusste, dass das Bestimmungsziel der Waffen Kolumbien war. Trotz zwischenzeitlicher Bedenken und Warnungen der Exportkontrollbeauftragten in Eckernförde sowie des Konzernanwalts wurde der Waffentransfer nicht gestoppt. SIG Sauer weist die Vorwürfe zurück. Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der LINKEN im Bundestag, forderte, sofort alle Ausfuhrgenehmigungen für SIG Sauer auszusetzen. Er kritisierte die hierzulande viel zu lax ausgeübten Kontrollmöglichkeiten und betonte, dass nur ein komplettes Exportverbot von Kleinwaffen verhindere, dass diese überhaupt ungewollt in Kriegs- und Bürgerkriegsgebiete auf dieser Welt gelangen. Beide SIG-Sauer-Betriebe gehören zur in Emsdetten ansässigen L&O-Holding. Weltweit zählt man über 2300 Beschäftigte. Die aktuelle Affäre mit womöglich kriminellem Hintergrund scheint nun unmittelbare Folgen für die Fertigungsstätte in Eckernförde zu haben, denn ab 2015 wird beabsichtigt, die gesamte international ausgerichtete Pistolenproduktion in die USA zu verlagern. In US-Medienberichten hieß es, die Belegschaft sei über diese Pläne bereits informiert. Von einem Wegfall ihres Arbeitsplatzes wären in Eckernförde 60 von derzeit noch 140 Beschäftigten betroffen. Der Standort an der Ostsee soll zwar nicht aufgegeben werden, allerdings nur noch Aufträge für den deutschen Markt erfüllen. Bei SIG Sauer handelt es sich um den ältesten noch aktiven deutschen Waffenhersteller mit Firmenwurzeln, die bis ins Jahr 1751 nach Suhl/Thüringen zurückgehen. Vor fünf Jahren hatte die Geschäftsleitung die Beschäftigtenzahl in Eckernförde halbiert. Staatsanwaltschaft und Polizei hatten erst Anfang des Jahres eine Razzia in den Eckernförder Betriebsräumen vollzogen, um mögliches Beweismaterial für eine illegale Pistolenlieferung an die Präsidentengarde von Kasachstan sicherzustellen. Auch dabei erfolgte nach fehlender behördlicher Genehmigung 2010 die Auslieferung über den US-Weg. Noch immer nicht abschließend aufgeklärt für SIG Sauer ist eine Bestechungsaffäre in Indien. URL: http://www.neues-deutschland.de/artikel/938052.die-waffendealer-aus-eckernfoerde.html _______________________________________________ Chiapas98 Mailingliste JPBerlin - Mailbox und Politischer Provider Chiapas98@listi.jpberlin.de https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/chiapas98

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