Mittwoch, 16. Juli 2014

Unternehmen im Fusionsfieber

Von «Megadeals» berichtete die «Tagesschau» am 13. Mai. 40 große Transaktionen seien in diesem Jahr bereits angekündigt. Fakt ist: Es gibt in einigen Sektoren beeindruckende Fusionen. Nehmen wir zum Beispiel die Pharmaindustrie. «Fusionswelle schüttelt die Pharmabranche durch», schrieb die «Welt» am 23. Mai. Die Branche stehe vor einem «Rekordjahr». Bereits in den ersten vier Monaten dieses Jahres sei der Gesamtwert der Transaktionen mit 61 Milliarden Euro fast so hoch wie im gesamten Vorjahr, heißt es weiter. Bis Jahresende werde laut Unternehmensberatung Ernst&Young das Volumen auf 194 Milliarden Euro ansteigen. Das sei mehr als in den drei Vorjahren zusammen. Die Transaktionen allein in der Pharmaindustrie wiesen zwischen 2007 und 2013 ein Volumen von 723 Milliarden US-Dollar auf. Herausragend war dabei die Übernahme des Wyeth-Konzerns durch den US-Monopolisten Pfizer mit einem Volumen von 68 Milliarden Dollar 2009. Pfizer plant aktuell die Übernahme des britischen Konkurrenten Astra-Zenica für 85 Milliarden. Doch der Prozess stockt. Die Führung von Astra-Zenica fordert 59 Pfund pro Aktie, Pfizer aber will nicht mehr als 55 bieten. Käme es doch zu einer Einigung, entstünde der größte Pharmakonzern der Welt. Ähnliches passiert in anderen Bereichen des Gesundheitswesens. Der größte deutsche Krankenhausmonopolist Helios sorgt gerade durch die Übernahme von 40 Kliniken des Konkurrenten Rhön-Klinikum für Schlagzeilen. Noch spektakulärer sind die Fusionen in der IT-Branche. Heinz-J. Bontrup verweist mit Recht darauf. Auch in der Elektrobranche wird heftig fusioniert. Hier sorgt besonders Siemens mit seinem Konzernumbau für Furore. Das Unternehmen steht im scharfen Wettkampf mit der Nummer 1 unter den «Global Players» in seiner Branche, General Elec-tric (GE), um die Übernahme des französischen Alstom-Konzerns. GE bietet vergleichsweise «schlappe» 12,5 Milliarden Dollar. Siemens hält mit. Bis 2020 sollen 30 Prozent der «Divisionen» und Geschäftseinheiten außerhalb Deutschlands angesiedelt sein. Der Monopolist will in den USA besonders in das umwelt- und gesundheitsgefährdende Fracking einsteigen. Das wird ein Geschäft gigantischen Ausmaßes – mit enormen militärstrategischen Konsequenzen. Im Bündnis mit den US-Energiemonopolisten geht es um die Schwächung bzw. Verdrängung Russlands vom westeuropäischen Gasmarkt. Doch auch in anderen Sektoren wird fleißig fusioniert. Der Gesamtumfang der «Megadeals» liegt laut «Tagesschau» bei 658 Milliarden Dollar. Größer war dieses Volumen in den vergangenen 20 Jahren nur 2000 und 2007. Soll man dann nicht von einer «neuen Welle» reden? Ich denke, das lohnt keinen Disput. Wichtiger ist etwas anderes. Fusionen stehen keinesfalls, wie Bontrup meinte, in einem systemischen Widerspruch zum «freien» Wettbewerb. Sie sind keine Panne wie die des Zauberlehrlings, der die bösen Geister nicht mehr bändigen konnte. Die Zentralisation ist ein organischer Bestandteil der Konzentration der Produktion und des Kapitals. Der Wettkampf unter den Monopolkapitalisten führt gesetzmäßig zur Vernichtung kleinerer und mittlerer Kapitale. «Die Konkurrenz … endet stets mit dem Untergang vieler kleinerer Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hände der Sieger gehen, teils untergehn», schreibt Karl Marx im ersten Band des «Kapitals». Konzentration und Zentralisation sind genuine Bestandteile der «Logik des Kapitals». Es muss vorgeschossenes Kapital nicht nur einfach «reproduzieren», sondern auf einer höheren Stufe, der «erweiterten Reproduktion», bei Strafe seines Untergang vermehren. Die wachsende «organische» Zusammensetzung des Kapitals und der tendenzielle Fall der Profitrate zwingen dazu. Daraus ergibt sich gesetzmäßig die Monopolbildung. Friedrich Engels meint in seinem Vorwort zum dritten Band des «Kapitals» lapidar: « … die altgerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muss ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen.» Der bürgerliche Staat, der «geschäftsführende Ausschuss» der Kapitalistenklasse, wird nicht etwa in diesem Zusammenhang «von den marktmächtigen Konzernen» angegriffen«, wie Bontrup meint, sondern er agiert ganz zu Nutz und Frommen der Großkonzerne. Staatsmonopolistischer Kapitalismus nennt man das auch. Aber das klingt Bontrup womöglich zu »traditionalistisch«, oder?

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