Sonntag, 10. August 2014

Essen setzt deutliches Zeichen für Frieden

19. Juli 2014 | Gastbeitrag Quelle: Die Freiheitsliebe Zur besseren Lesbarkeit wurde die Schreibweise mit dem großen I beseitigt (z.B. BärInnendienst, SäuferInnenwahn) beseitigt In Köln und Essenfanden Friedenskundgebungen für Gaza statt. An der Essener Kundgebung nahmen ca. 3.000 Menschen teil. Die Veranstaltung lief weitestgehend friedlich und die Befürchtungen, die Kundgebung würde zum Schauplatz für Rechte und Islamisten werden, haben sich nicht bewahrheitet. Ein Bericht von Titus Kegevara. Besonders die Essener Kundgebung stand seit geraumer Zeit unter massiver medialer Beobachtung und öffentlichem Druck. Anders als viele annahmen und einige Portale berichteten, verlief die Kundgebung friedlich. Trotzdem halten sich die Falschmeldungen und Behauptungen hartnäckig. Das Internet ist nun mal ein eigener Organismus und Social Mems sind wie Viren, besonders wenn es sich um solche handelt, die das eigene Weltbild scheinbar perfekt bestätigen. Die Kundgebung Die Kundgebung war mit 3.000 Teilnehmern die größte, die die Linkspartei NRW bzw. die Linksjugend in diesem Bundesland je auf die Beine gestellt hat. Diese Tatsache für sich genommen werten die Veranstalter bereits als Erfolg. Auch, dass in der Masse weder Hamas Fahnen noch andere Verbotene Organisationen geschwenkt wurden, ist ein Zeichen, dass der mediale Beschuss im Vorfeld der Veranstaltung unnötig war. Die Kundgebung begann pünktlich um 17 Uhr. Zunächst sprach ein Mitglied der Palästinensischen Gemeinde, welches in seiner Rede den sofortigen Stopp aller Waffengewalt forderte und die Unabdingbarkeit von internationaler Solidarität. Dieser Konflikt, so der Redner, dürfe nicht auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen werden. Zudem müsse es einen sofortigen Exportstopp für Waffen in den Nahen Osten geben. Die Hauptredner der Kundgebung waren Ralf Michalowsky, Landessprecher der Linkspartei NRW sowie Niema Movassat, MdB der Linkspartei aus Essen. In beiden Reden wurde die Gewalt aller Kriegsparteien verurteilt, jedoch auch klar gemacht, dass Israel diesen Konflikt über alle Maße anheize und daher in der Verantwortung stehe, ihn sofort zu beenden: Die Leidtragenden sind im Moment fast ausschließlich die Menschen des Gazastreifens. Im weiteren Verlauf der Kundgebung sprachen ein Vertreter des Essener Friedensforums, Ezgi Güyildar für DIDF Essen und ein Vertreter der islamischen Gemeinde NRW. Überraschenderweise war die Veranstaltung nach dem letzten Redner bereits nach einer guten Stunde durch und wurde vom Versammlungsleiter aufgelöst. Ein offenes Mikrophon oder ein Umzug waren nie geplant. Die Polizei wertet die Kundgebung als friedlichen Protest, ohne jegliche Extremistische Tendenzen. In der WDR Lokalzeit erschien ein positiver Bericht über die Friedenskundgebung. Dort heißt es: „Es hat keine Anzeichen gegeben, dass sich Extremisten unter die Kundgebung gemischt haben, weder Islamisten, noch Rechtsextreme! Die Kundgebung diente daher dem eigentlichem Zweck, sich gegen die Bombardierung Gazas zu stellen!“ Bunte Unterstützer-Truppe Unterstützung bekam die Kundgebung aus allen Ecken: Antifa, Initiativen gegen Rassismus, Linksjugend, Linkspartei, Palästinensische Gemeinde sowie viele weitere Supporter waren anwesend. Neben arabisch-stämmigen Menschen waren es vor allem Organisationen der linken Szene, die die Veranstaltung lautstark unterstützten wie z.B. DKP, SDAJ sowie das Duisburger Netzwerk gegen Rechts. Dauernde Falschmeldung im Internet Es gab am 18. Juli nicht nur andauernde Falschmeldungen vor der Kundgebung, sondern auch während und danach. Zur Legendenbildung hat besonders das sogenannte „Nachrichtenportal“ Ruhrbarone beigetragen. Diese haben während und nach der Kundgebung mit mehreren Falschmeldungen die Stimmungslage im Internet maßgeblich beeinflusst. Dies beginnt bereits bei der Behauptung, bei der Friedenskundgebung in Essen würde es sich um eine Anti-Israel Kundgebung handeln. Dies ist nachweislich falsch. Bereits die NRZ hatte in einem Bericht und Interview festgehalten, dass es sich bei der Kundgebung lediglich um eine Israel-kritische Friedenskundgebung handelt. Seitdem tauchen ununterbrochen Bilder, Videos und Textstücke auf, die den Zusammenstoß der Spontandemo und der Pro-Kriegskundgebung zeigen. Dabei wird stets behauptet, bei den Bildern handle es sich um Fotos von Teilnehmern der Kundgebung. Eine beabsichtige Verdrehung der Tatsachen. Aber auch andere Blätter bedienen sich etlicher Unwahrheiten. So behauptet etwa die Seite „Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg”, die Linksjugend hätte die Kontrolle über die Veranstaltung verloren und diese vorzeitig aufgelöst. Dass die Rednerliste und damit die Kundgebung durch und vorbei waren, passte der Seite nicht in den Argumentationsstrang. Auch die angebliche Enduhrzeit 21 Uhr ist eine frei Erfundene Zahl. Zu guter Letzt zeigt die Behauptung, Inge Höger hätte auf der Kundgebung für den Frieden gesprochen, dass diese sich kein eigenes Bild von der Veranstaltung gemacht haben: Inge Höger war am Weberplatz in Essen nicht anwesend. Antimuslimischer Rassismus? Erstaunlicherweise werden von vielen Kritikern einfache Schahada Fahnen, also Fahnen, welche das muslimische Glaubensbekenntnis zeigen, als islamistische Terrorfahnen dargestellt. So behauptet das „Bündnis gegen Antisemititsmus Duisburg” in einem Bildkommentar, es würde sich bei der Abildung um eine Isis Fahne handeln; einer Fahne, die von islamistischen paramilitärischen Vereinigungen im Irak genutzt wird. Dass es sich dabei jedoch um eine einfache Schahada handelte und nicht um die Isis Fahne, beweist ein einfacher Vergleich. Das gleiche gilt für eine angebliche Hamas-Fahne, welche von den Ruhrbaronen angeblich auf der Kundgebung gesichtet wurde, sich jedoch als einfache Schahada (Glaubensbekenntnis) entpuppte. Zeigen sich in dieser Berichterstattung antimuslimische Ressentiments? Oder warum wird in jedem arabischen Schriftzug oder Kaligraphie gleich eine Sure vermutet, die zum Mord aufruft? Die Argumentations- und Recherechelinien erinnern hier stark an islamophobe Ausagen von Rechtspopulisten: Islam gleich Terrorismus. Solche Behauptungen und auch solche Texte, die diese Auslegung zulassen, müssen abgelehnt werden. Angriff auf die Alte Synagoge? Nein… Lange hielt sich das Gerücht, und es wird stellenweise jetzt noch verbreitet, es wäre ein wütender Mob von Antisemiten unterwegs in Richtung Synagoge gewesen. Dies wurde umgehend von einigen besorgten Aktivisten aus Essen überprüft, die schnell feststellten, dass es eine Lüge war. Auch die Absperrmaßnahmen hatten nur indirekt mit der Kundgebung zu tun. Diese waren vergangene Woche aufgrund einer Spontandemo, welche versuchte zur Synagoge vorzudringen, aufgebaut worden. Rechtspopulisten auf der Pro Kriegsdemonstration Auf der Kundgebung, die dass Vorgehen der israelischen Regierung verteidigt und die sich für die Militäroffensive im Gazastreifen aussprach, fanden sich neben sogenannten Antideutschen zahlreiche Rechtspopulisten ein. So auch der deutschlandweit bekannte Rechtspopulist Michael Höhn, welcher regelmäßig für den Rechtsaußenblog PI-News schreibt und Mitglied in der sogenannten Bürgerbewegung Pax Europa ist, welche sich lediglich durch antimuslimische Hetze hervortut. Bruch mit Friedenspositionen sichtbar In der Linkspartei ist hingegen der Bruch mit Friedenspositionen deutlich sichtbar. So sollte der Linke Abgeordnete Harald Petzold auf der Pro-Kriegskundgebung sprechen, welche den militärischen Einsatz des Staates gegen Zivilisten zu rechtfertigen versuchte. Dabei war diese Kundgebung von keiner Linksjugend oder Linkspartei-Abteilung organisiert – die Initiatoren waren Jusos Wesel und Bochum, sowie vereinzelte Grüne und lose Gruppierungen, welche fast ausschließlich im Pro-Israel Bereich anzusiedeln sind. Die Jusos Essen hingegen haben sich explizit nicht an dieser Veranstaltung beteiligt. Auch dass der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn, es wieder einmal für nötig hält in seiner Funktion als Mitglied im Bundesvorstand die Basis zu belehren, ohne sich vorab mit den Genossen vorab zu besprechen, zeigt in welchem Zustand sich manche Teile der Partei befinden: Solidarität und Kommunikation in angemessener Form scheint für Höhn und Petzold, aber auch für die Linksjugend Berlin ein Fremdwort. Stattdessen werden öffentlich Lügen und Halbwahrheiten über die eigenen Mitglieder verbreitet. Diesem Politikstil schließt sich auch Katharina König, MdL aus Thüringen an. Sie verunglimpfte im Vorfeld die Kundgebung und erklärte das „auch bei der von der Linksjugend Ruhr angemeldeten Demonstration für den morgigen Freitag”, „Neonazis und Islamisten” angekündigt hätten. Sie erkannte zwar, dass diese „von der Veranstaltung ausgeschlossen” wurden, aber sie trotzdem „anwesend sein” werden. Die Prophezeihung stellte sich als Falsch heraus: Anwesend waren keine Nazis oder Hamas-Anhänger. Die, die sich der Kundgebung näherten wurden von der Polizei des Platzes verwiesen und die Ordner halfen dabei, etwaige unangebrachte Plakate zu entfernen. Medialer Krieg Stellvertreter Krieg? Was in Deutschland ausgebrochen ist, ist ein medialer Stellvertreter-Krieg. Aktivisten, welche sich für ein Ende der Gewaltspirale in Gaza, Palästina und Israel einsetzen, werden durch negative Berichterstattung diffamiert und beleidigt. Anstelle blinder Solidarität, wie sie von den meisten Pro-Israel Demonstranten eingefordert und praktiziert wird, muss eine kritische Haltung zum Krieg in Nahost her. Dieser Konflikt wird nicht dadurch enden, dass Israel den Gazastreifen bombardiert und das Westjordanland mit immer mehr Siedlungen durchzieht. Er wird jedoch auch nicht damit enden, dass die Hamas Raketen mit marginaler Durschlagskraft auf Israel feuert. Es kann nur dann zu einer Lösung kommen, wenn beide Seiten verstehen, dass sie sich den Verhandlungspartner nicht aussuchen können und den entsprechenden Druck von Außen erhalten. Schließen möchte ich mit einem Zitat des Friedenskaktivisten Michael Sandfrau aus NRW: „Wie kann man – im Ernst – „Solidarität mit Israel“ fordern und den Massenmord an Palästinensern gutheißen? Ein friedliches Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern ist es, was der nahe Osten braucht, aber dazu muss die Nethanjahu-Regierung gestoppt werden und die maßlose Bombardierung Gazas aufhören!“ http://diefreiheitsliebe.de/frieden/essen2014

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