Samstag, 9. August 2014

Mexiko öffnet den Energiesektor für Private

Neue Zürcher zeitung v. 7.8.2014 von Richard Bauer Das mexikanische Parlament hat der epochalen Reform des Erdöl- und Elektrizitätssektors zugestimmt. Damit ist die wichtigste Strukturreform von Präsident Peña Neto unter Dach und Fach. Die Mutter aller Schlachten um die Strukturreformen in Mexiko ist am Mittwoch in einer Nachtsitzung des Senats entschieden worden. Verabschiedet wurde ein von der Opposition bis aufs Blut bekämpftes Paket von Ausführungsgesetzen zur Reform des Elektrizitäts- und Erdölsektors. Zu mitternächtlicher Stunde twitterte Präsident Peña Nieto überschwänglich, jetzt werde Mexiko erst recht erblühen und wettbewerbsfähiger werden. Vor der Schlussabstimmung malte der Fraktionsführer des oppositionellen Partido de la Revolución Democrática (PRD) seinerseits den Teufel an die Wand. Die Energiereform werde Mexiko einen entsetzlichen Schaden zufügen, und das Land werde den Senatoren, die dafür stimmten, niemals verzeihen. Wachstumsschub Im Zentrum der Reform, die Präsident Peña kurz nach Amtsübernahme zusammen mit der grundlegenden Überholung des Telekomsektors angestossen hatte, steht die Öffnung der Elektrizitäts- und Erdölindustrie für private in- und ausländische Investoren. Ziel ist die Steigerung der Produktion von Erdöl und Erdgas sowie die Verbesserung der Elektrizitätsversorgung, eine Voraussetzung, damit das Land aus der jahrelangen wirtschaftlichen Stagnation herausfindet. Allein die Energiereform dürfte das Bruttoinlandprodukt Mexikos pro Jahr um 2% zusätzlich anheben. Grösster Hemmschuh für die Entwicklung des Energiesektors waren die staatliche Kontrolle des Sektors und die Existenz ineffizienter, korrupter Staatsbetriebe wie etwa des Erdölgiganten Pemex. Nachdem Präsident Lázaro Cárdenas 1938 die ausländischen Erdölfirmen verstaatlicht hatte, galten Erdöl- und Elektrizitätswirtschaft als absolute Staatsdomäne, an der kein Politiker zu rütteln wagte. Gleichzeitig war Pemex eine unerschöpfliche Quelle der Bereicherung für Firmenmitarbeiter, Gewerkschafter und Politiker. Um der Korruption Einhalt zu gebieten, sollen Pemex und der Monopolist im Elektrizitätssektor, die Comisión Federal de Electricidad (CFE), die gleichen Standards für Transparenz erfüllen wie jede andere börsenkotierte Firma. Auch müssen alle Konzessionsverträge mit privaten Partnern öffentlich zugänglich gemacht werden. Laut der Rating-Agentur Fitch sind die Erdöl- und Erdgasvorkommen Mexikos ungenügend erschlossen. Zudem ist die Erdölförderung im letzten Jahrzehnt signifikant gesunken, dies, weil Pemex nicht in der Lage war, entsprechend zu investieren. Die Erdölproduktion erreichte 2004 mit 3,4 Mio. Fass pro Tag einen Höhepunkt. Über die Jahre ist der Ausstoss auf heute 2,5 Mio. Fass pro Tag abgesackt. Fitch sieht grosse Chancen für die Erschliessung neuer Erdölvorkommen dank Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko und die Gewinnung von Schiefergas. Mexiko gehört weltweit zu den 10 Ländern, die am meisten Schiefergasvorräte besitzen. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Erdölförderung bis 2018 auf 3 Mio. Fass pro Tag zu erhöhen. Pemex wird weiterhin eine wichtige Rolle als Partner von privaten, meist ausländischen Erdölfirmen spielen. Um Investoren anzulocken, sehen die neuen mexikanischen Gesetze vor, zum Teil günstigere Bedingungen als etwa Brasilien zu offerieren. Dies betrifft etwa die Bestimmungen über die Anstellung lokaler Arbeitskräfte und den Einkauf von Maschinen und Ausrüstungsgegenständen, die in Mexiko produziert werden. Die Steuerlast von Pemex wird von heute 79% auf 65% gesenkt. Private Stromlieferanten Die Versorgung mit elektrischer Energie, die in den Händen der staatlichen CFE liegt, dürfte sich vor allem für Grossverbraucher verbessern und mittelfristig die Preise senken helfen. Künftig wird es möglich sein, Elektrizitätswerke als Privatfirmen zu betreiben und Strom direkt an die Industrie abzugeben. Vor allem billiges Erdgas aus den USA dürfte als Energiequelle infrage kommen. Grossverbraucher in Mexiko bezahlen heute 73% mehr für elektrischen Strom als solche in den USA. Laut dem Weltwirtschaftsforum liegt Mexiko auf Rang 79 von 144 Ländern, was Kosten und Qualität der Elektrizitätsversorgung angeht. Bis 2025 soll die lokale Gasförderung verdoppelt werden. URL: http://www.nzz.ch/wirtschaft/mexiko-oeffnet-den-energiesektor-fuer-private-1.18358748 _______________________________________________ Chiapas98 Mailingliste JPBerlin - Mailbox und Politischer Provider Chiapas98@listi.jpberlin.de https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/chiapas98

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