Freitag, 19. August 2016

Es fehlt der Wille zum Frieden


Von Uli Brockmeyer

 Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek vom 17. August 2016

Es hat schon etwas Dramatisches, wenn der deutsche Außenminister extra nach Rußland reist, um dort um eine Waffenruhe für seine Schützlinge in Syrien zu betteln. Die von den syrischen und russischen Streitkräften zugesagte tägliche dreistündige Feuerpause bei den Kämpfen um das syrische Aleppo reiche nicht aus, ließ der tapfere Sozialdemokrat verlauten. Die bereits eingerichteten Fluchtkorridore erwähnte der Mann nicht einmal, auch nicht die Angriffe der Islamisten auf Aleppo.
Den unter dem Krieg leidenden Menschen müsse geholfen werden, sagt er, und fordert die Einstellung der Kampfhandlungen durch die syrische Armee, die dabei ist, syrisches, also eigenes Territorium von radikal-islamistischen Terroristen zu befreien. Und die russischen Luftstreitkräfte sollten gefälligst ihre Angriffe einstellen, damit die Zivilbevölkerung endlich mit Wasser und Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden könne.
Interessant ist, daß dem deutschen Herrn Minister all das zu einem Zeitpunkt einfällt, da die bewaffneten Assad-Gegner in und um Aleppo immer mehr in Bedrängnis geraten, nachdem ihre Verbindungswege für den Nachschub von Waffen, Munition und todesbereiten Söldnern abgeschnitten wurden. Zynisch lügt er der ganzen Welt ins Gesicht, es gehe ihm um die Zivilbevölkerung in Aleppo, obwohl es mehr als offensichtlich ist, daß die Anti-Assad-Leute wieder in aller Ruhe mit Kriegsmaterial versorgt werden sollen, das vor allem von Seiten der Türkei und Saudi-Arabiens reichlich zur Verfügung gestellt wird. Als Gotteskrieger aller Art die Stadt Aleppo angriffen und die Bevölkerung terrorisierten, dachte niemand im ach so freien Westen an eine Forderung nach Waffenruhe.
Die Lage in Syrien ist aus westlicher Sicht überaus verfahren. NATO, EU und Golfmonarchien haben jahrelang jeden unterstützt, der eine Waffe halten konnte und bereit war, zum Sturz der syrischen Regierung, zur Beseitigung des letzten laizistischen Staatswesens der Region in den Krieg zu ziehen. Während gegen die legitime Regierung Syriens alle nur denkbaren Embargos verhängt wurden, konnten die Assad-Gegner stets mit der Lieferbereitschaft des Westens und der Golfscheichs rechnen. Friedensverhandlungen werden systematisch torpediert, ein bereits ausgehandeltes Abkommen für einen Weg zur friedlichen Konfliktlösung wurde vor vier Jahren von der damaligen Außenministerin der USA kurzerhand für nichtig erklärt, derselben Hillary Clinton, auf deren mögliche Präsidentschaft sich der deutsche Außenminister schon jetzt freut wie ein Kind auf Weihnachten.
Der Beistand, den Rußland und andere Verbündete der syrischen Regierung leisten, ist äußerst störend für die westlichen Pläne. Dementsprechend fallen die Reaktionen aus. Glaubt man den Medien, dann töten russische Flugzeuge immer gezielt Zivilisten, während die Bomber der USA ausschließlich böse Islamisten treffen… Allerdings ist bisher kaum nachweisbar, daß die Bomben- und Raketenangriffe der USA und ihrer Koalition einen wirksamen Beitrag zum Kampf gegen den »Islamischen Staat« leisten. Im Gegensatz dazu geht es den Islamisten in Syrien an den Kragen, seitdem sich Rußland zum militärischen Eingreifen entschlossen hat.
Nein, diese Redaktion ist keine Anhängerin von Kriegen. Wir bleiben dabei, daß der Konflikt in Syrien nicht militärisch gelöst werden kann. Dringend erfordert ist eine tatsächliche Bereitschaft zu einer friedlichen Lösung – aber die haben der deutsche Außenminister und seine Freunde bisher nicht erkennen lassen.
Uli Brockmeyer

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