Donnerstag, 20. Oktober 2016

ArbeiterInnen & Jugend Zentrum ALEX, Magdeburg

Alexandra Maria Kiss wurde am 1. Juli 1984 als Tochter eines jungen Ingenieurspaares in der ungarischen Hauptstadt Budapest geboren. Mit ihrem ungarischen Vater und ihrer bulgarischen Mutter verbrachte sie ihre ersten zwei Kindheitsjahre gemeinsam mit ihrem Bruder in Budapest. Im Jahr des Tschernobyl-Unglücks, das von den Regimen der Warschauer Vertragsorganisation vor der eigenen Bevölkerung vertuscht wurde, emigrierte die Familie aus beruflichen Gründen 1986 nach Deutschland und ließ sich im schwäbischen Leonberg nieder.
Alex besuchte dort die Schule bis zur 10. Klasse. Die Familie zog nach Stuttgart, wo Alex ab 2001 das Gymnasium fortsetzte. Als die US-Aggression im Nahen Osten mit den Kriegsvorbereitungen gegen den Irak zu weltweiten Massenprotesten führte, war Alex unter den Demonstrierenden. Der Krieg hatte sie politisiert und dazu geführt, dass sie sich im BAZ (Bedingt Autonomes Zentrum) in Stuttgart organisierte.
Mit dem Beginn ihrer rebellischen Jahre zog Alex im Jahr 2003 in die Ex-Steffi, das ehemals besetzte Haus in Karlsruhe. Bis zu ihrem Abitur 2004 pendelte sie von Karlsruhe nach Stuttgart zum Unterricht und machte ihr Abitur. Den politischen Kampf, der bereits zur Drehscheibe ihres Lebens geworden war, setzte sie organisiert im BAZ fort, arbeitete im dortigen Infoladen und widmete sich im Anschluss an die Proteste gegen den Irak-Krieg vermehrt der Antifa-Arbeit.
Nach ihrem Abitur zog sie zurück nach Stuttgart und studierte ab 2005 an der Uni in Tübingen, was sie nach rund einem Jahr abbrach. Während ihres Studiums hatte Alex Ende 2005 bereits ihre erste psychische Krise erlitten. Die Ärzte attestierten Alex eine „Depression mit Verfolgungsmanie“.
Nach der Auflösung des BAZ im Jahr 2006 führte sie ihre politische Arbeit durch ihr Engagement im Stuttgarter Subversiv fort und beteiligte sich an den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm. Zeitgleich arbeitete sie etwa ein Jahr bis 2008 im Katharinenhospital in Stuttgart und begann erneut ein Studium an der Uni in Stuttgart, wo sie sich den Sozialwissenschaften widmete. Dieses Studium brach sie 2008 wieder ab, da sie die dortigen Dozenten als zu systemkonform und zu unkritisch bewertete.
Während sie weiterhin in Subversiv aktiv war, begann 2008 ein §129b-Prozess gegen migrantische Linke, wo sie die Prozesse kritisch beobachtete und sich im Rahmen des „Komitee gegen §§129“ an der Solidaritäts- und Öffentlichkeitsarbeit beteiligte. Im Zuge der Solidaritätsarbeit schloss sie sich dem „Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen“ an und arbeitete intensiv in diversen Arbeitsfeldern am „Gefangenen Info“ mit.
Im Herbst 2009 zog sie nach Berlin, wo sie ihre politischen Aktivitäten im Antirepressionsbereich fortsetzte und sich auf ein Studium an der Humboldt-Universität vorbereitete. Dieses Studium trat sie 2010 an und studierte bis 2011 Kulturwissenschaften. Sie arbeitete fortwährend im „Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen“, kümmerte sich intensivst um Erstellung und Vertrieb des „Gefangenen Infos“ und wirkte am Aufbau der Berliner „Zusammen Kämpfen“-Gruppe mit. Aufgrund erneuter psychischer Probleme und Depressionen zog sie im Sommer 2011 zurück nach Stuttgart. Dort wurde sie über den Herbst 2011 hinweg ärztlich behandelt, wo dieses Mal „Borderline“ diagnostiziert wurde.
Ab 2012 setzte sich ihr politisches Engagement in verschiedenen Bereichen in Stuttgart fort. So setzte sie sich für die Schaffung eines Sozialen Zentrums ein, beteiligte sich an diversen antifaschistischen Mobilisierungen und war weiterhin im Antirepressionsbereich aktiv.
Im Mai 2013 war sie eine der insgesamt neun Betroffenen vom staatlichen Repressionsschlag gegen vermeintliche Mitglieder des „RAZ/RL/radikal“-Konstruktes. Ihr politisches Engagement setzte sie trotz der immer andauernden psychischen Probleme und der repressiven Situation fort und beteiligte sich an der Soligruppe zu dem §129-Verfahren. Sie ging jederzeit offen damit um, dass sie mit den Konsequenzen des Repressionsschlages zu kämpfen hatte, versuchte aber dennoch im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihre Ideen einzubringen und umzusetzen.
Im November 2013 folgte der erneute Umzug nach Berlin, dem ein weiterer psychischer Zusammenbruch unmittelbar folgte und monatelange Krankenhausaufenthalte mit sich bringen sollte. Die Ärzte stellten nun „paranoide Schizophrenie“ fest und versuchten, Alex medikamentös zu behandeln, was ihnen aber nicht gelingen sollte. Alex, die sich durch die Medikamente betäubt fühlte und sich immer mehr als Last für ihre Mitmenschen empfand, hatte die Freude am Leben verloren. Nach einem gescheiterten Suizidversuch im Mai 2014, nahm sie sich am 2. Juni 2014 in Stuttgart-Feuerbach das Leben.

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