Dienstag, 17. Januar 2017

NATO, you’re fired

 

Donald Trump erklärt den Kriegspakt für überflüssig und die EU zum Instrument Deutschlands. Westeuropas Interventionisten sind fassungslos

Von Arnold Schölzel
Donald Trump am 13. Dezember 2016 bei einer Dankesrede in West A
Donald Trump am 13. Dezember 2016 bei einer Dankesrede in West Allis, Wisconsin
Für Entsetzen und Empörung bei NATO, EU und deren Mitgliedsstaaten sorgte am Montag ein Interview mit dem US-Milliardär Donald Trump, das Bild und die Londoner Times veröffentlichten. Der zukünftige Präsident der USA, der am kommenden Freitag in sein Amt eingeführt wird, erklärte dort zwar, ihm sei die NATO sehr wichtig. Gleichzeitig bezeichnete er die Allianz aber mehrfach als überflüssig, als »obsolet«. Erstens sei sie »vor vielen, vielen Jahren entworfen worden«, zweitens zahlten nur fünf Länder das, was sie zahlen sollten. Sie sei obsolet, »weil sie sich nicht um den Terrorismus gekümmert« habe.
Ähnlich ungewohnt für die Ohren von Transatlantikern waren Trumps Bemerkungen zur EU: »Im Grunde ist die Europäische Union ein Mittel zum Zweck für Deutschland«. Deswegen habe er es »so klug von Großbritannien gefunden« auszutreten. Nach seiner Meinung würden weitere Länder die EU verlassen, die Aufnahme vieler Flüchtlinge sei der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Vor der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er großen Respekt gehabt, aber: »Ich finde, sie hat einen äußerst katastrophalen Fehler gemacht, und zwar all diese Illegalen ins Land zu lassen (…) Ich finde, wir hätten Sicherheitszonen in Syrien einrichten sollen, das wäre wesentlich billiger gewesen. Und die Golfstaaten hätten dafür zahlen sollen, die haben doch schließlich Geld wie kein anderer«. Das Ganze aber hätte nie passieren dürfen, der Irak hätte »gar nicht erst angegriffen werden dürfen«. Das sei »möglicherweise die schlechteste Entscheidung, die in der Geschichte unseres Landes je getroffen wurde«. Was da entfesselt wurde, sei »wie Steine in ein Bienennest zu schmeißen«. Nun sei es »einer der größten Schlamassel aller Zeiten«.
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Nach den westlichen Sanktionen gegen Russland gefragt, antwortete der designierte Präsident, er finde, die Menschen müssten miteinander auskommen: »Mal sehen, ob wir ein paar gute Deals mit Russland machen können«. Es sollte »deutlich weniger Nuklearwaffen geben, sie müssten »erheblich reduziert« werden. Trump erneuerte seinen Vorwurf, beim Atomabkommen mit dem Iran handele es sich um »eines der schlechtesten Abkommen, die je getroffen worden sind«. Er weigerte sich aber zu erläutern, welche Schlüsse er daraus zieht.
Bei den transatlantischen Bellizisten Europas kam all das nicht gut an. Neben vielen anderen äußerte sich der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) entsprechend. Nach einem Gespräch mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel sagte er gestern, die Organisation habe die Erklärung, dass sie obsolet sei, »mit Besorgnis« aufgenommen. Generell hätten Trumps Aussagen zu EU und NATO nicht nur in der belgischen Hauptstadt »für Verwunderung und Aufregung gesorgt«. Die Äußerung widerspreche dem, was der designierte US-Verteidigungsminister James Mattis bei seiner Anhörung vor dem US-Senat gesagt habe. Steinmeier wiegelte daher ab: »Wir müssen sehen, was daraus für die amerikanische Politik folgt«. Bundeskanzlerin Merkel erklärte in Berlin mit Bezug auf das Trump-Interview, »Ich denke, wir Europäer haben unser Schicksal selber in der Hand«. Zum künftigen Verhältnis zu den USA sagte sie: »Meine Position zu den transatlantischen Fragen ist bekannt.« Am Donnerstag hatte sie bei einer Rede in Brüssel geäußert, es gebe für die transatlantische Partnerschaft keine »Ewigkeitsgarantie«.

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