Mittwoch, 18. Januar 2017

“Stärkung der Tarifautonomie: Unternehmer fürchten Rückkehr des Tarifkartells” – wir fürchten uns auch vor Tarifvorbehalten



»Ein erfolgreicher Herrschaftsmechanismus«. Mit Tarifvorbehalten wird 
Gewerkschaften und Unternehmern in die Hand gegeben, was bisher 
gesetzlich geregelt war. Für die Beschäftigten bedeutet das 
Verschlechterungen

"... Bei den Tarifvorbehalten delegiert die Politik Aufgaben an die 
Tarifparteien. Oft müssen die Gewerkschaften dann Konzessionen auf 
anderen Gebieten machen, um wenigstens das bisher im Gesetz 
festgelegte Niveau zu halten. Manchmal gelingt ihnen auch das nicht; 
dann schlicht kommen Verschlechterungen. (...) Im Grunde genommen 
werden die Tarifverträge hier in ihr Gegenteil verkehrt. Es gibt den 
Grundsatz: »Tarifverträge schützen, Tarifverträge nützen.« Doch hier 
werden Abkommen geschlossen, die nicht nützen und nicht schützen, 
sondern die Lage der abhängig Beschäftigten verschlechtern. (...) Die 
Gewerkschaften unterstützten vermutlich die Bestrebungen der 
Regierung, die Lohnkosten in Deutschland zu reduzieren. Vom Kabinett 
wurde das raffiniert vorangetrieben. Mit den Leiharbeitnehmern wurde 
zunächst nur eine Gruppe herausgenommen, die dann aber deutlich 
weniger Lohn erhalten sollte als die anderen Beschäftigten. 
Beschlossen wurde damals ja auch, dass der Einsatz von Leiharbeitern 
unbefristet zulässig ist. So wird Druck auf sehr viele Beschäftigte 
ausgeübt. Sie müssen fürchten, ersetzt zu werden. Die Gewerkschaften 
sehen sich dann oft gezwungen, in den Tarifrunden sehr bescheidenen 
Abschlüssen zuzustimmen. Es handelt sich hier um einen sehr 
erfolgreichen Herrschaftsmechanismus..." Johannes Supe im Gespräch mit 
Wolfgang Däubler bei der jungen Welt vom 17. Januar 2017
http://www.jungewelt.de/2017/01-17/002.php

Und darin speziell zu Leiharbeits-Tarifen: "... Der Tarifvorbehalt im 
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz hat einen besonderen Stellenwert. Er 
ermöglicht es vom Grundsatz »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« 
abzuweichen, überlicherweise als »Equal Pay« bezeichnet. Auch die 
Gleichbehandlung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen kann von den 
Tarifparteien wegverhandelt werden. (...) Meines Erachtens war es ein 
verheerender Fehler der Gewerkschaften, einen Leiharbeitstarife 
abzuschließen. Statt die christlichen Verbände abzulösen, hätte man 
bestreiten können, dass sie in diesem Bereich überhaupt als 
Gewerkschaften auftreten können. Genau das ist später auch vom 
Bundesarbeitsgericht so entschieden worden. Man hätte von Anfang an 
gute Chancen gehabt, die ganzen Tarifverträge der »Christen« für 
unwirksam erklären zu lassen. Später hat das Bundesarbeitsgericht 
genau in diesem Sinne entschieden. Die Tarifverträge wären hinfällig 
gewesen – für die Arbeitgeber ein Flop. Und im Betrieb hätten Equal 
Pay und Equal Treatment gegolten. Die Leiharbeit wäre wirtschaftlich 
uninteressant geworden. Die Arbeitgeber hätten sie dann nur noch 
benutzt, um plötzlich auftauchende Lücken zu schließen..."

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