Mittwoch, 18. Januar 2017

Wege zum bezahlbaren Wohnen

Am Donnerstagabend, 24.11.2016, lud die Linke im Mannheimer Gemeinderat zu einer wohnungspolitischen Konferenz ins Bürgerhaus Neckarstadt-West ein. Unterschiedliche Referentinnen und Referenten sowie die beiden Linke-Stadträte erläuterten aktuelle Missstände auf dem Mannheimer Wohnungsmarkt und stellten Lösungsansätze vor.

Viele Probleme auf dem Mannheimer Wohnungsmarkt

Stadtrat Thomas Trüper zeigte zunächst, dass der Bestand an bezahlbaren und Sozialwohnungen in Mannheim stetig abnimmt. Die Fehleinschätzung vor einigen Jahren, Mannheim würde schrumpfen, hat zu einer geringen Bautätigkeit geführt. Das unerwartete Bevölkerungswachstum und auch teure Sanierungen führen zu knapper und teurer werdendem Wohnraum. Die derzeit realisierten Neubauten seien für weite Teile der Bevölkerung nicht erschwinglich. Dem schloss sich Gabriel Höfle vom Mieterverein Mannheim an, der die Problematik der energetischen Sanierung und des Mietspiegels darlegte. Aus Sicht des Mieterbundes sollen die Kosten für energetische Sanierungen nicht wie bisher vollständig auf die Mieter umgelegt, sondern zu je einem Drittel von Mieter, Eigentümer und Staat getragen werden. Gundula Hartje-Severa von Pro Familia Mannheim bekräftigte die Notwendigkeit, dass „gutes Wohnen kein Privileg für Reiche“ sein darf. Als Sozialberaterin erhalte sie tiefe Einblicke in die familiären Probleme in dieser Stadt – nahezu immer steht die Wohnungsfrage dabei im Mittelpunkt.

Neue Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau

Lösungen für diese Misere stellte Joachim Kadler, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Linksfraktion im Bundestag, vor. Die 1990 abgeschaffte Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau müsse in zeitgemäßer Form wiedereingeführt werden, um den Bedarf an 5,5 Millionen Sozialwohnungen sowie bezahlbaren Wohnungen generell zu decken. Die sogenannte neue Gemeinnützigkeit soll einen Gegenpol zur privaten renditeorientierten Wohnungswirtschaft bilden und der sozialen Spaltung innerhalb der Städte entgegenwirken, indem ein breiter Bevölkerungskreis mit gutem bezahlbarem Wohnraum versorgt wird. Es soll hierbei eine Mietpreisbindung geben, die sich nicht an einem Mietspiegel, sondern an der regionalen Preis- und Einkommensentwicklung orientiert. Die Einnahmen müssen vollständig in die (gemeinnützige) Wohnungswirtschaft reinvestiert werden. Von staatlicher Seite soll die neue Gemeinnützigkeit privilegiert werden, zum Beispiel in Form von Steuerbefreiungen oder erleichtertem Zugang zu Förderinstrumenten. Auch soll ein einfacherer Zugang zu Grundstücken ermöglicht werden. Finanziert werden könnte dieses Konzept aus bereits vorhandenen Haushaltsmitteln, die lediglich umstrukturiert werden müssten. Die Linke im Bundestag will dieses Konzept in den öffentlichen Diskurs einbringen.

Lösung für Bodenpreise als Kostentreiber

Der kurzfristig vor der Konferenz erkrankte Günter Bergmann, Mitglied beim Wohnprojekt umBAU Turley2, ließ ausrichten, dass neben dem Zugang zu Krediten die hohen Grundstückspreise die größte Hürde bei der Realisierung des Wohnbaus waren. Dieses Problem erkannten auch die Linke-Stadträte Gökay Akbulut und Thomas Trüper: Soziale und gemeinnützige Träger, aber auch die GBG haben Probleme mit den hohen Bodenpreisen im Stadtgebiet, insbesondere auf den Konversionsflächen. Ein umfangreicher Antrag der Linken an dem Gemeinderat sieht daher vor, dass die Stadt Baugrundstücke erwerben und sie der GBG und solchen Bauträgern überlässt, die bestimmte soziale Kriterien erfüllen, um preisgünstigen Wohnraum zu schaffen. Die Überlassung der Grundstücke soll über Erbbaurecht erfolgen, was zusätzlich eine deutliche Dämpfung der Kosten bewirken würde. Hierfür sollen jedoch nicht nur für Wohnbebauung geeignete Grundstücke auf den Konversionsflächen, sondern im gesamten Stadtgebiet herangezogen werden.

Die Linke verfolgt zur Lösung des Wohnungsproblems also einen Mehr-Ebenen-Ansatz: Der Bund muss eine neue Gemeinnützigkeit für den sozialen Wohnungsbau einführen und aktiv in den Wohnungsbau (wieder) einsteigen. Die Länder müssen finanziell besser ausgestattet werden, damit diese mehr Mittel für Wohnungsbau bereitstellen können. Die Kommunen, in diesem Fall die Stadt Mannheim, sollen auf das Modell der Erbbaupacht setzen, um eine flächendeckende Versorgung mit gutem und bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen. Dennis Ulas

Einführung in die wohnungspolitische Konferenz:

Wie steht es auf dem Mannheimer Wohnungsmarkt um bezahlbare Wohnungen, und wie sind die Perspektiven?

Die Mannheimer Bevölkerung wächst. Dies ist eine „neue“ Erkenntnis der Statistiker, nachdem sie noch vor zwei Jahren ohne Wachstum rechneten. Grund hierfür sind hauptsächlich die Zuwanderer aus Südosteuropa, also nicht gerade finanzstarke Menschen. Gegenüber der alten Schätzung rechnet man jetzt für 2020 mit einer Zunahme von ca. 20 000 Einwohnerinnen, will heißen: Mindestens ca. 10 000 Wohnungen netto plus sind erforderlich

Über die preisliche Aufgliederung der ca. 160 000 Wohnungen in Mannheim, von denen 75% zur Miete sind, gibt es keine Statistik. Der Mietspiegel liefert nur ein Bild über die Preise der in den letzten vier Jahren geänderten oder neu abgeschlossenen Mietpreise auf Basis von Stichproben.

Verlässliche Zahlen gibt es nur zu den größeren Wohnungsbauträgern. Die Mehrzahl der Mietwohnungen in Mannheim sind jedoch im Eigentum von priva-ten Hausbesitzern, die vielleicht auch ein paar Häuser besitzen, aber nicht Hunderte von Wohnungen.

Dennoch sind die großen Wohnungsgesellschaften sehr prägend für das Mietpreisgefüge.

Große Vermietungsgesellschaften 

Hier wäre als erstes natürlich die stadteigene GBG zu nennen mit 11% Anteil an allen Wohneinheiten (WE): 19.168 WE

Von den Wohnungsgenossenschaften ist die Gartenstadt-Genossenschaft Mannheim eG die größte mit 4.200 WE, gefolgt von der Familienheim Rhein-
Neckar eG 2.900 WE

Baugenossenschaft Spar- und Bauverein 1895 Mannheim eG 1.521 WE

Unter den profitorientierten Gesellschaften ist die Vonovia SE vertreten mit 900 WE
Grand City Property (Neckarufer-BebauungNord) 798 WE.

Die GBG – eine marktprägende Größe

Uber das Preisniveau lassen sich folgende Aussagen zur GBG machen (die Gartenstadt liegt etwa gleichauf bzw. darunter): Durchschnittsmiete: 6,04 Euro/qm unterhalb dem bisherigen Mietspiegel-Mittelwert von 7,61 Euro: 16.600 WE, davon noch öffentlich gefordert mit Mietpreisbindung 3.120 WE.

Im Wohnungsbestand der GBG mit Preisen bis hin zum Mietspiegel-Mittel-wert gab es seit 2008 einen Schwund von 1 000 WE einschließlich der geplanten und teilweise schon vollzogenen Wohnungsabrissen in Neckarstadt-Ost und auf der Schönau. Die geplanten Ersatzbauten für die aktuellen Abrisse liegen nicht unter 10,50 Euro/qm.

Zu erwähnen ist, dass die GBG einen lange andauernden Leerstand von ca. 1.500 WE hat. Dieser resultiert aus der jahrelangen Ausnutzung von Fluktuation, um ganze Wohngebiete sanieren (oder neu bauen) zu können, da Kündigungen aus diesem Grund nicht statthaft sind.

Zu erwähnen ist, dass die GBG lediglich über 1.130 barrierefreie/ -arme Wohnun-gen hat, davon nur 13 rollstuhlgerecht. Aus diesem Tatbestand ergibt sich die Notwendigkeit, neu zu bauen oder massiv zu sanieren, um den demografischen Anforderungen gerecht werden zu können.

Was tut sich beim Wohnungsneubau?

Außerhalb der Konversionsflächen sind Baugesuche und -Genehmigungen von 2015 bis 2020 registriert für 2.291 WE.

Diese beinhalten allerdings keine einzige „bezahlbare“ Wohnung. Neubauten ohne Zuschuss oder sonstige Hilfe sind eben mit im Durchschnitt 11 bis 12 Euro/qm auch für viele mittlere Einkommensbezieher_innen unerschwinglich, auf jeden Fall mehr als ein Drittel des Einkommens erfordernd.

Auf den Konversionsflächen ist Folgendes geplant:

Franklin 2.631 WE, davon zur Miete bis 7,50 Euro 645 WE, im Eigentum bis 2800 Euro/qm 404WE. Turley: ca. 600 WE, davon – wenn nicht noch ein Wunder geschieht – bezahlbar: 50 WE. Hierbei handelt es sich um die Wohnungen der drei Mietshäuser-Syndikats-Wohngruppen, die allerdings die Grenze von7,50Euronichtganzeinhaltenkönnen, trotz Einbringung von „Muskel-Kapital“. Hammonds: ca. 250 WE, Spinelli: ca. 500 WE. Wie viele davon „bezahlbar“ sein werden ist offen.

Das Land Baden-Württemberg zählt immer noch zu den wenigen Bundesländern, die für Neubauten keine Zuschüsse gewähren, sondern nur verbilligte Kredite, was seit der absoluten Niederzinsphase uninteressant und nicht hilfreich ist.

Wie sehr die Mietpreise auch in dem vergleichsweise zu anderen Metropolen immer noch etwas günstigeren Mannheim davonziehen, sieht man am Durchschnittspreis der über immowelt.de angebotenen Mietpriese. Sie liegen aktuell bei 9,81 Euro, also 2,20 Euro über dem Mietspiegel. Der neue Mietspiegel wird im Dezember veröffentlicht. Man darf gespannt sein. Thomas Trüper
 

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