Montag, 16. April 2018
Brasilien: Lula im Gewerkschaftshaus, Haftantritt verweigert: Tausende mit ihm vor Ort, Hunderttausende auf Brasiliens Straßen – und einen Tag später doch die Haft angetreten, viele UnterstützerInnen waren dagegen
Tausende im Haus der Metallgewerkschaft in Sao Bernardo (SM ABC),
Hundertausende auf den Straßen großer und kleiner Städte Brasiliens:
Freitag, 06. April 2018 um 17 Uhr sollte Expräsident Lula da Silva ins
Gefängnis von Curitiba – wenn es nach dem sogenannten Richter Moro und
den Obersten VertreterInnen der extrem privilegierten brasilianischen
Justizkaste ginge. Guilherme Boulos von der MTST (Bewegung der
Obdachlosen und prekär Wohnenden), Präsidentschaftskandidat der Partei
Freiheit und Sozialismus (PSol) bezeichnete es am treffendsten: „Dies
ist nicht der Oberste Gerichtshof Brasiliens, sondern die oberste
Wahlkampf-Kommission der Reaktion“. Besonders wichtig bei den
aktuellen Protesten: Sie reichen weit über die „übliche PT-Familie“
hinaus. Nicht nur nahezu die geschlossene Linke (bis auf ganz wenige
Gruppierungen die, aus ihrer oftmals durchaus gerechtfertigten Kritik
an Lulas Regierung, die irrige Schlussfolgerung ziehen, das könne
ihnen egal sein), sondern vor allen Dingen „normale Bevölkerung“ geht
auf die Straße. So emblematisch das Foto einer jungen Frau mit ihrem
Plakat „Lula soll ins Gefängnis gehen, weil ich, Tochter einer
Hausangestellten, an die Universität gegangen bin“ binnen weniger
Stunden wurde, so wichtig eine (von vielen) spontane Kundgebung im
größten Armenviertel Rios, dem Favela-Komplex Rocinha, unter dem Motto
„Wenn Lula ins Gefängnis geht, kommt der Berg in die Stadt“.
Offensichtlich eine Entwicklung, die die reaktionären Kräfte des
Landes, angefeuert von der Putschdrohung des Oberkommandos der Armee,
so nicht erwartet hatten. Am „schlimmsten“ hat es diesmal,
gerechterweise, die professionellen Fake-News-ProduzentInnen von TV
Globo erwischt: Großaufgebot an Kameras, die die Festnahme Lulas
aufnehmen sollten. Und nur – aus der Ferne, denn Zutritt und Gespräch
wurden rundweg verweigert – filmen konnten, dass sich Tausende
Menschen im und um das Haus der Metallgewerkschaft des ABC im Großraum
Sao Paulo versammelten, viele von ihnen mit der festen Absicht, die
Festnahme zu verhindern. Und dann wurde dieser „Sender“ auch noch
dabei ertappt, dass – ohne Quellen zu nennen – Bilder eines
alternativen Fernsehkanals verbreitet wurden. Siehe in der
Materialsammlung zu den Protesten gegen die brasilianische
Klassenjustiz vier aktuelle Beiträge und den Verweis auf mehrere
Quellen aktueller Berichterstattung aus Brasilien – mit Update vom 08.
April 2018: Und dann doch die Haft angetreten
http://www.labournet.de/?p=130273
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